- Der Ständerat weist die Massnahmen gegen Lohndiskriminierung mit 25:19 Stimmen an seine Kommission zurück.
- Die Kommission soll «Alternativen und Modelle der Selbstverantwortung» prüfen, wie Antragsteller Konrad Graber (CVP/LU) darlegte.
- Justizministerin Simonetta Sommaruga appellierte vergeblich, dass die Frist für Freiwilligkeit nach 37 Jahren definitiv abgelaufen sei und entsprechende Modelle nachweislich nichts gebracht hätten.
Der Ständerat will Unternehmen nicht zu Lohnanalysen verpflichten, um die Diskriminierung von Frauen zu bekämpfen. Er hat am Mittwoch beschlossen, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen. Diese soll Modelle der Selbstdeklaration prüfen.
Die Gleichstellung der Geschlechter ist seit 1981 in der Bundesverfassung verankert. Dazu gehört auch die Lohngleichheit: «Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit», heisst es in Artikel 8. Nach wie vor beträgt der nicht erklärbare Lohnunterschied aber 7,4 Prozent. Das sind pro Jahr und Person rund 7000 Franken.
Antragsteller Konrad Graber (CVP/LU) machte nach ausführliche Debatte deutlich, dass auch er «ausdrücklich» für Lohngleichheit und entsprechende Massnahmen sei. Er werde aber nur einem Modell zustimmen, dass unbürokratisch umgesetzt werden könne und auf Selbstdeklaration beruhe. Entsprechend sei die Vorlage mit dem Auftrag an die Kommission zurückzuweisen, Modelle der Selbstdeklaration zu prüfen. Er plane damit keineswegs ein Verzögerungsmanöver, so Graber.
Die Frist für Freiwilligkeit ist nach 37 Jahren einfach abgelaufen.
Justizministerin Simonetta machte vergeblich deutlich, dass es sich gerade beim geplanten Analyse-Modell um ein Selbstdeklarationsmodell handle. Schliesslich müsse die Selbstdeklaration auf einer Analyse basieren, die dann überprüft und den Angestellten vorgelegt werde. Sommaruga betonte zudem nochmals unmissverständlich, dass Lohngleichheit ein verfassungsmässiges Recht sei, dass für öffentliche und private Arbeitgeber gelte. Nach 37 Jahren ohne entscheidende Fortschritte sei die Frist für die Freiwilligkeit einfach abgelaufen.
So verlief die Debatte
Für Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG) ist klar, dass die unerklärbaren, «unerträglichen» Lohnunterschiede nicht weiter bestehen dürfen: «Heute haben wir die Gelegenheit, einen wichtigen Schritt dazu zu machen.»
Die Lohngleichheit werde nun elegant demontiert, ohne zu sagen, dass man gegen die Lohngleichheit sei, kritisierte Anita Fetz (SP/BL) und verwies auf die Pläne, eine banale Selbstdeklaration der Firmen vorzuschlagen. Die Vorlage sei bereits schrittweise abgespeckt worden und mittlerweile derart moderat, dass man mit guten Treuen zustimmen könne. Auch wenn nun als «worst case» nur Firmen mit 100 oder mehr Mitarbeitenden eingeschlossen würden statt wie geplant mit 50.
Wir müssen die Wahrnehmungsverzerrung endlich wegbringen.
Paul Rechsteiner (SP/SG) glaubt nicht, anders als eine Minderheit im Ständerat, dass sich die Lohngleichheit von alleine ausgleichen wird. «Wenn die Vorlage des Bundesrats Schwächen hat, dann nicht die, dass sie zu weit, sondern, dass sie zu wenig weit geht.» Die Massnahmen zu Lohngleichstellung dürfe nicht der Wirtschaft alleine überlassen werden, findet er.
«Mich hat der etwas wirtschaftsfeindliche Unterton in einigen Voten sehr gestört», sagt Hannes Germann (SVP/SH). Ohne Unternehmer gäbe es die Arbeitsplätze gar nicht, gibt er zu bedenken.
Lohnungleichheiten würden auch zwischen verschiedenen Branchen oder Unternehmen bestehen, sagt Germann. Auch Junge seien oftmals unterbezahlt. «Das ist auch eine Art von Diskriminierung.» Klar würde ihn die Ungleichheit zwischen Frau und Mann stören. Aber nicht alles müsse mit einem Gesetz geregelt werden.
Es ist ein schwieriges und emotionales Thema.
Hans Wicki (FDP/NW) findet das Thema Lohngleichheit zwar wichtig, «aber es ist auch ein schwieriges und emotionales Thema.» Der Anteil der Lohndifferenz sei in den letzten Jahren stark gesunken. Er kritisiert, dass nur privatwirtschaftliche Unternehmen Tests durchführen müssten, nicht aber staatliche.
«Die Diskriminierung besteht zwischen den Geschlechtern in diesem Lande», sagt CVP-Ständerat Pirmin Bischof (SO). Als Anwalt hätte er mehrere Hundert Frauen vertreten und viele Fälle gewonnen. «Ein Teil der Unterschiede ist nicht erklärbar und diskriminieren.» Dabei kritisiert er vor allem öffentliche Betriebe, bei welchen die Unterschiede um einiges höher seien.