Im Wohnzimmer von Gerard Veldman vibrieren die Vasen, wenn ein F-35 startet. «Früher hatten wir nie Probleme mit dem Fluglärm. Seit der Ankunft der F-35 ist das anders», sagt der Anwohner der niederländischen Luftwaffenbasis Leeuwarden.
Die Zahl der Lärm-Beschwerden ist in die Höhe geschnellt, seit die Luftwaffe den Tarnkappen-Jet hier stationiert hat. Viele Anwohner stört nicht nur die blosse Lautstärke, sondern auch die tiefen Frequenzen des F-35-Lärms.
Gerard Veldman vertritt die Bevölkerung gegenüber der Luftwaffe und führt die «Rundschau» in eine Dorfschule, wenige hundert Meter von der Startpiste entfernt. Hier werden Lärmwerte bis 110 Dezibel gemessen – so laut wie ein Presslufthammer.
«Einige Schüler halten sich die Ohren zu», sagt die Lehrerin. Eine Mutter erzählt, ihre Kinder würden beim Start des F-35 aufhören zu spielen und ins Haus rennen.
Meiringen ist alarmiert
In der Schweiz sollen die ersten F-35 frühestens in vier Jahren abheben – und zwar ab Meiringen (BE), Payerne (VD) und Emmen (LU).
In Meiringen ist Gemeindepräsident Roland Frutiger gewarnt: Laut dem Verteidigungsdepartement VBS ist der neue Kampfjet beim Start drei Dezibel lauter als ein F/A-18.
Was nach wenig tönt, ist ein grosser Unterschied. Der Start eines F-35 verursacht denselben Schalldruck wie zwei F/A-18, die gleichzeitig starten. «Einen lärmigeren Flieger als den F/A-18 darf es nicht geben», sagt Frutiger bestimmt. Er macht sich Sorgen.
Das VBS beschwichtigt: Mit dem F-35 werde es deutlich weniger Starts und Landungen geben – unter anderem, weil der neue Jet pro Mission mehr Aufgaben erledigen könne. Die Jahreslärmbelastung werde im Schnitt gleich bleiben.
Für Roland Frutiger ist das kein Trost: Massgebend sei der einzelne Start, die einzelne Landung. «Es darf nicht lauter werden», sagt der Meiringer Gemeindepräsident.
Norwegen macht mehr
Der F-35 dürfte die Schweizer Diskussion über den Lärmschutz weiter befeuern. Das VBS hat in den letzten 20 Jahren in der Region Meiringen und im Umfeld der übrigen Militärflugplätze rund 400 Häuser mit Schallschutzfenstern ausgerüstet.
Ein Vergleich mit Norwegen zeigt: Andere Länder handhaben es grosszügiger. Allein in der dünn besiedelten Umgebung der Luftwaffenbasis Ørland statten die Behörden im Hinblick auf den F-35 rund 800 Häuser mit neuen Schallschutzfenstern aus.
VBS: «Sind grosszügig»
In der Schweiz verzögern sich die Verfahren für Entschädigungen an Hausbesitzer seit Jahren. «Wir sind bei der Erarbeitung der Grundlagen in Verzug», gesteht VBS-Vertreter Bruno Locher ein.
Beim Einbau von Schallschutzfenstern allerdings zeigt sich der Chef «Raum und Umwelt» wenig beeindruckt vom norwegischen Beispiel. Für ihn sind auch die Schweizer Behörden grosszügig: «Wir haben Schallschutzfenster über die gesetzlichen Grenzwerte hinaus installiert.»
Eine zusätzliche Offensive für den Lärmschutz plant das VBS nicht. Locher verspricht lediglich: Man werde bei den weiteren Kontrollen und Berechnungen den Spielraum zugunsten der Bevölkerung nutzen.