Seit gestern Abend ist das Feld der Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl in die Zürcher Stadtregierung komplett – mit der SP hat die letzte Partei ihr Ticket bekanntgegeben. Die wählerstärkste Partei der Stadt Zürich schickt neben den drei bisherigen Regierungsmitgliedern Stadtparlamentarierin Simone Brander ins Rennen.
Die linken Parteien könnten ihre Dominanz sogar ausbauen
Die drei linken Parteien – SP, Grüne und die Alternative Liste – besetzen aktuell zusammen sechs der neun Sitze in der Zürcher Stadtregierung. Und die Chance, dass sie diese Mehrheit halten können, ist mehr als intakt. Gemeinsam haben die drei Parteien einen Wähleranteil von fast 53 Prozent und so haben sie bei Wahlen ein ziemlich leichtes Spiel. Denn die drei linken Parteien halten zusammen.
Bei den letzten Gesamterneuerungswahlen 2018 zum Beispiel bewarben sich sechs Linke für die Stadtregierung. Alle sechs wurden gewählt, und zwar mit den besten Wahlergebnissen. Nun treten sogar acht Linke zur Wahl an. Das dürfte reichen, um ihre sechs Sitze problemlos zu verteidigen. Vielleicht liegt sogar noch ein weiterer Sitz drin – auf Kosten der Bürgerlichen.
Acht von neun Bisherigen treten wieder an
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Bild 1 von 8. Sie sitzt fest im Sattel: Corine Mauch (SP). Seit 2009 ist Stadtpräsidentin. Und sie will dies auch vier weitere Jahre bleiben. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 8. Filippo Leutenegger ist so etwas wie der Promi der Stadtzürcher FDP. Seit 2014 ist er Stadtrat – heute verantwortlich für das Schul- und Sportdepartement. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 8. Mit Karin Rykart holten sich die Grünen 2018 einen zweiten Sitz in der Stadtregierung. Sie ist als Sicherheitsdirektorin für die Stadtpolizei Zürich zuständig. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 8. Daniel Leupi (Grüne) ist für die Stadtfinanzen verantwortlich. 2010 wurde er von den Stadtzürcherinnen und Stadtzürchern in die Regierung gewählt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 8. Andreas Hauri holte vor knapp vier Jahren den ersten Stadtratssitz für die Grünliberalen. Er ist Vorsteher des Gesundheit- und Umweltdepartements. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 8. André Odermatt (SP) gehört zu den Dienstältesten im Gremium. Seit bald 12 Jahren ist er Hochbauvorsteher und will dies weitere vier Jahre bleiben. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 8. Michael Baumer (FDP) wurde 2018 gewählt. Als Vorsteher der industriellen Betriebe ist er unter anderem für die Stadtzürcher Verkehrsbetriebe zuständig. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 8. Raphael Golta sitzt seit 2014 für die SP im Zürcher Stadtrat. Er ist Sozialvorsteher. Bildquelle: Keystone.
Nicht unbedingt der frühere Nationalrat und heutige Schulvorsteher Filippo Leutenegger steht auf der Kippe, er ist der Promi der Stadtzürcher FDP. Vielmehr dürfte sich Parteikollege Michael Baumer Sorgen machen. Nicht, weil er als Stadtrat einen schlechten Job macht, aber weil er sich in den letzten Jahren als Vorsteher der Industriellen Betriebe nicht gross öffentlich profilieren konnte.
Ausserdem hat er rein rechnerisch den schwersten Stand: Baumer wurde 2018 mit dem schlechtesten Ergebnis in die Stadtregierung gewählt. Hätte es damals mehr linke Kandidatinnen gegeben, hätte er die Wahl vielleicht gar nicht geschafft. 2022 könnte er der linken Dominanz zum Opfer fallen. Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri von den Grünliberalen dagegen muss da weniger zittern, er konnte sich in Klima-Fragen profilieren und darf auch auf Support aus der linken Wählerschaft hoffen.
Geschickter Schachzug der Grünen
Die Grünen schicken neben ihren beiden Bisherigen noch einen 23-jährigen Jungpolitiker ins Rennen – Klima-Aktivist Dominik Waser. Er ist zwar nicht gerade in der Pole Position, um gewählt zu werden. Aber seine Kandidatur ist auf jeden Fall ein geschickter Schachzug der Grünen. Sie wollen mit Waser junge Wählerinnen und Wähler ansprechen, solche, die durch die Klimastreiks politisiert worden sind – das könnte dem jungen Grünen zusätzlich Schub geben.
Auch nicht ausser Acht lassen darf man Walter Angst von der Alternativen Liste, ein langjähriger, etablierter Linker. Er hat, wenn der linke Schulterschluss funktioniert, durchaus Chancen, den Sitz seines abtretenden Parteikollegen Richard Wolff zu erben.
Sie wollen neu in den Stadtrat
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Bild 1 von 8. Dominik Waser ist gerade einmal 23 Jahre alt. Der Jungpolitiker hat sich in der Klimabewegung einen Namen gemacht. Nun soll er für die Grünen einen Sitz im Stadtrat erobern. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 8. Simon Brander soll der SP einen vierten Sitz in der Stadtregierung bescheren. Die Stadtparlamentarierin setzte sich in der parteiinternen Wahl gegen Nationalrätin Min Li Marti durch. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 8. Neben den beiden Bisherigen stellt die FDP Sonja Rueff-Frenkel in den Stadtratswahlkampf. Die Juristin sitzt heute im Zürcher Kantonsparlament. Bildquelle: ZVG.
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Bild 4 von 8. Walter Angst soll den freiwerdenden Sitz der Alternativen Liste verteidigen. Angst sitzt seit fast 20 Jahren im Zürcher Stadtparlament. Er ist ausserdem Kommunikationsverantwortlicher beim Zürcher Mieterinnen- und Mieterverband. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 8. «Die Mitte» ist seit vier Jahren nicht mehr in der Regierung und auch nicht mehr im Parlament. Mit Josef Widler will «die Mitte» in der Stadtzürcher Politik wieder mitmischen. Widler hat sich als Präsident der Ärztegesellschaft einen Namen gemacht. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 8. Die EVP geht mit Stadtparlamentarier Roger Föhn in den Wahlkampf. Bildquelle: ZVG.
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Bild 7 von 8. Die SVP steigt mit Kantonsrat Roland Scheck ... Bildquelle: zvg.
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Bild 8 von 8. ... und Gemeinderat Stephan Iten ins Rennen. Bildquelle: zvg.
Wenig Chancen auf einen Sitz hat dagegen die SVP, die seit über 30 Jahren nicht mehr in der Stadtregierung vertreten ist. Vom Wähleranteil her hätte sie eigentlich Anspruch auf mindestens einen Sitz. Aber egal wen die SVP aufstellt, ob Mann, ob Frau, ob Hardliner oder jemand, der gemässigt auftritt – die SVP-Kandidatinnen und Kandidaten holen einfach nicht genug Stimmen ausserhalb der eigenen Wählerschaft. Auch diesmal hat die SVP zwei Kandidaten aufgestellt: Kantonsrat Roland Scheck und Gemeinderat Stephan Iten. Aber sie dürften vor allem dazu dienen, dem SVP-Wahlkampf für die Parlamentswahl Schub zu geben.