Anton Cadotsch im Seniorenzentrum Sphinxmatte in Solothurn erhält Besuch. Vor einigen Tagen feierte er seinen 100. Geburtstag. Nun kommen Stadtpräsidentin Stefanie Ingold, Regierungsrat Peter Hodel samt Standesweibel in Robe und Staatsschreiber Andreas Eng vorbei. Es gibt Mineralwasser und belegte Brötchen.
Zwischen 30 und 40 Menschen im Kanton Solothurn erreichen jährlich das 100. Lebensjahr. Alle werden von einer Vertretung der Kantonsregierung besucht, die ein Geschenk mitbringt. Letztes Jahr gab es laut der Staatskanzlei 18 solche Besuche. 10 Personen verzichteten auf die Ehrung, 6 verstarben zuvor.
Gold in Solothurn, 100 Flaschen Wein in Freiburg
Bis vor wenigen Jahren hatten die Solothurner Jubilarinnen und Jubilare die Wahl zwischen zwei Geschenken: ein handgefertigter Polstersessel oder 50 Gramm Gold. Unterdessen bringt der offizielle Besuch einige Goldvreneli vorbei.
Auch andere Kantone kennen diese Tradition. Besonders grosszügig zeigt sich der Kanton Freiburg. Er spendiert zum Hundertsten auf Wunsch 100 Flaschen Wein. Wallis und Basel-Stadt ehren ihre 100-Jährigen mit einem Besuch amtlicher Würdenträger und einem Geschenk.
Die Idee aus dem Solothurner Kantonsparlament, das Geschenk abzuschaffen und das Geld zu sparen, fand vor ein paar Jahren kaum Zuspruch. Auch die Regierung sah keinen Grund, am Besuch etwas zu ändern.
Obwohl die durchschnittliche Lebenserwartung [...] stetig steigt, verzeichnen wir keine Tendenz zu häufigeren Besuchen.
In den letzten Jahre habe die Anzahl der Besuche nicht zugenommen. Änderungen an der Besuchstradition seien nicht nötig, so die Antwort der Kantonsregierung. Neben der persönlichen Begegnung werde meist auch das Geschenk «mit grosser Dankbarkeit und Freude entgegengenommen».
Vorerst bleibt die Tradition
Die Geste werde von allen Seiten sehr geschätzt, meint auch Regierungsrat Peter Hodel beim Besuch in Solothurn. «Wenn jemand das Glück hat und 100 Jahr alt wird, dann gehört es zur Aufgabe, dass wir als Regierung diese Personen besuchen.»
Bei allen Solothurner Geburtstagsbesuchen der letzten 15 Jahre mit dabei war Staatsschreiber Andreas Eng. Eine Stunde dauern die Treffen etwa. Ob dieser zeitliche Aufwand noch möglich ist, werde in der Regierung immer wieder diskutiert. «Bis jetzt hat man immer weder gesagt: Wir nehmen uns diese Zeit.» Wie lange noch – dazu will Eng nicht mutmassen.
Er gibt aber zu: «Es gibt Situationen, da geht man wirklich nicht gerne, weil der Schreibtisch voll ist. In der Regel kommt man aber recht zufrieden zurück.»
Es gibt Situationen, da geht man wirklich nicht gerne, weil der Schreibtisch voll ist.
Auch Jubilar Anton Cadotsch im Seniorenzentrum freut sich über den Besuch der Regierung. «Ich schätze es, dass diese menschliche Beziehung da ist. Dass man sie lebt und spürt bei so einem Besuch.»