Seit Donnerstag ist es offiziell: Die Schweizer Satirezeitschrift «Nebelspalter» hat einen neuen Besitzer. Es ist der ehemalige Chefredaktor und Verleger der Basler Zeitung, Markus Somm. Er erklärt seine Beweggründe.
SRF News: Was will ein pointiert rechtsbürgerliche Journalist mit einem Satiremagazin?
Markus Somm: Der «Nebelspalter» ist eine der wichtigsten und ältesten Marken der Schweizer Mediengeschichte. Als Journalist und Historiker ist es eine grosse Ehre und Freude, so einen Titel weiterzuführen und ihm zu neuem Glanz zu verhelfen.
In der Satire kann man das Unsagbare eben aussprechen.
Sie waren bei der «Basler Zeitung» Chefredaktor. Jetzt machen Sie Satire. Ist das ein Abstieg?
Nein. Warum soll es ein Abstieg sein? Im Fall des «Nebelsspalters» muss ich betonen: Es ist eine Herausforderung. Ich bin politischer Journalist und keiner, der bekannt dafür ist, dass er spezielle Witze produziert. Ich nehme aber Satire sehr ernst.
In Harvard haben Sie zum Thema digitale Geschäftsmodelle für Medien geforscht. Was haben Sie dort gelernt, was Ihnen nun beim «Nebelspalter» weiterhelfen soll?
Die wichtigste Erkenntnis war: Das Digitale ist unaufhaltsam. Zweitens: Die Zukunft liegt in den Bezahlmedien. Es ist falsch, wenn man auf Reichweite setzen und die Zeitschrift gratis geben möchte. Wir setzen auf ein Abomodell. Grundsätzlich ist es im digitalen Raum noch nicht üblich, dass man Geld verlangt oder besser gesagt, Geld erhält. Das wollen wir ausprobieren.
Aktuell gibt es eine Debatte um die sogenannte Cancel-Culture, über die Grenze des Sagbaren. Sie bemängelt, unbequeme Stimmen würden an den Pranger gestellt und verhindert. Was ist Ihre Antwort darauf – mit Blick auf den «Nebelspalter»?
Grundsätzlich zeigt das, dass der «Nebelspalter» dringend notwendig ist. In der Satire kann man das Unsagbare eben aussprechen. Satire lebt davon, Tabus zu brechen. Wenn sich im gesellschaftlichen Diskurs eine gewisse Neigung zur Zensur ausbreitet, dann ist dies für Satiriker eine extreme Chance.
Was bedeutet das konkret? Wird der «Nebenspalter» ein Sammelbecken von schrillen Stimmen, die sonst nicht mehr zu lesen sind?
Nein, ich habe ja die Basler Zeitung gemacht und das war nie eine Ansammlung von schrillen Stimmen, sondern es war eine der führenden Zeitungen in der Schweiz.
Auch die «Basler Zeitung» wurde kritisiert.
Ja, selbstverständlich. Wenn Sie ein profiliertes Blatt machen, dann werden Sie kritisiert. Sie werden aber auch geliebt. Ich bin bekannt dafür, dass ich mit allen Leuten reden kann und reden möchte. Ich liebe es, andere Argumente zu hören und mich damit auseinanderzusetzen.
Wenn sich im gesellschaftlichen Diskurs eine gewisse Neigung zur Zensur ausbreitet, dann ist dies für Satiriker eine extreme Chance.
Das Gleiche werden wir beim «Nebelspalter» verfolgen. Grundsätzlich weiss niemand von uns genau, wo Gott hockt und daher ist es wichtig, dass wir Debatten pflegen. Dafür wird der «Nebelspalter» berühmt werden.
Verstehe ich dies richtig: Der «Nebelspalter» soll pluralistisch werden? Es werden auch pointiert linke Stimmen zu Wort kommen?
Wir werden pflegen, dass wir pluralistisch sind. Aber man weiss, wo der Chefredaktor steht. Man weiss auch, wo die anderen Journalisten stehen. Jeder hat einen politischen Standpunkt. Das muss man wissen im Journalismus.
Aber ich möchte noch betonen, dass es nicht nur einfach Satire sein wird. Mein Vorbild ist der «Canard enchaîné» in Paris oder auch das «Private Eye» in London. Diese Blätter verbinden Satire sehr erfolgreich mit seriösem Inhalt. Nicht-satirische Beiträge werden bei uns auch vorkommen und nicht zu wenig.
Das Gespräch führte Samuel Wyss.