Traditionell werden die Schafe in der Schweiz nach den Eisheiligen im Mai oder nach der namensgebenden Schafskälte im Juni geschoren. Die dabei gewonnene Wolle liefern viele Schafzüchterinnen und Schafzüchter bei der Firma Swisswool in Buchs SG ab.
Diesen Frühling nimmt die grösste Abnehmerin der Schweiz jedoch keine Wolle an: Ihre Lager sind voll, der Bestand muss zuerst abgebaut werden.
Wolle ist ein unbeliebtes Nebenprodukt
In der Schweiz müssen Schafe aus tierschutzrechtlichen Gründen mindestens einmal pro Jahr geschoren werden. Für die Landwirtinnen und Landwirte bedeutet das Kosten: Denn der Erlös der Schafwolle deckt den Aufwand für das Scheren nicht. Die Wolle ist ein unbeliebtes Nebenprodukt.
Geld verdienen sie mit dem Fleisch und der Milch der Tiere. Das Abliefern der Wolle bei Swisswool sei hingegen vor allem bequem, sagt Matthias Rüesch, Geschäftsleiter des St. Galler Schafzuchtverbands: «Es gibt kein anderes Unternehmen, das Wolle im grossen Stil entgegennimmt und bar dafür bezahlt.»
Je nach Qualität der Wolle gebe es bei Swisswool bis zu 1.50 Franken pro Kilo. Ein willkommener Unkostenbeitrag.
Wohin mit der Wolle?
Diesen Frühling dürften aufgrund des Annahmestopps bis zu 80 Tonnen Schafwolle kostenpflichtig entsorgt werden. Laut Matthias Rüesch wäre eine Einlagerung der Wolle bis zu einem späteren Annahmetermin aufgrund des geringen Erlöses nicht attraktiv.
Es sei keine schöne Situation, sagt Swisswool-Geschäftsführer Friedrich Baur: «Wir würden die Wollsammlungen wie in den letzten 14 Jahren gerne durchführen.» Der Annahmestopp sei jedoch nötig, um die rund 400 Tonnen Wolle im Lager abzubauen.
Nachfrage nach Wollprodukten eingebrochen
Dort staut sich der Rohstoff, weil die Nachfrage – nach einem Boom während Corona – stark nachgelassen habe. «Das Jahr 2024 war katastrophal», sagt Friedrich Baur, «der Bedarf ist komplett eingebrochen.»
Darüber hinaus musste die langjährige Wäscherei von Swisswool in Belgien unerwartet wegen finanziellen Problemen den Betrieb einstellen. Friedrich Baur zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass bis zur Schur im Herbst ein anderer europäischer Partner gefunden werden kann.
Das Geschäft mit Wollprodukten an sich sei nicht gefährdet, sagt Friedrich Baur. Schweizer Wolle werde vor allem zu Dämmmaterial oder Matratzenfüllungen verarbeitet. Das sei eine stabile Basis. Trotzdem bekommen die Schafzüchterinnen und Schafzüchter den temporären Annahmestopp nun zu spüren.