Die offizielle Schweiz hat auf den mutmasslichen Spionage-Fall von Türken in der Schweiz reagiert: Die Staatssekretärin im EDA, Pascale Baeriswyl, hat mit einem Vertreter der türkischen Regierung in Ankara telefoniert – und nicht mit deutlichen Worten gespart.
«Ich habe ihm gesagt, dass die Schweiz zu keinem Zeitpunkt illegale politische Aktivitäten auf ihrem Territorium dulden kann», sagte Baeriswyl gegenüber SRF. Falls die Türkei den Eindruck habe, dass sich Bürger ihres Landes in der Schweiz illegal betätigten, müssten sie dazu mit den hiesigen Behörden in Kontakt treten.
Die offizielle Schweiz habe schnell gehandelt, so Baeriswyl weiter. Als die Bundesanwaltschaft vor einem Jahr an das EDA herangetreten sei, habe das EDA den Ermittlern erklärt, dass mutmassliche Taten wie jene der türkischen Agenten nichts mit diplomatischen Aktivitäten zu tun hätten.
Bundesanwaltschaft ermittelt seit einem Jahr
Die Bundesanwaltschaft hatte daraufhin die Erlaubnis, in diesem Fall aktiv zu werden. Auch hier gelte die Unschuldsvermutung, sagte Baeriswyl. Ihrem türkischen Kollegen habe sie heute Morgen aber klargemacht: «Wir können es nicht dulden, dass jemand bei uns spioniert.» Es gehe hier um nationale Souveränität, die im Übrigen ja auch der Türkei «sehr wichtig» sei. «Das ist sie auch der Schweiz.»
Wir können es nicht dulden, dass jemand bei uns spioniert.
Die Frage, ob die Schweiz konkrete Massnahmen ergreift, beantwortete die Staatssekretärin nur allgemein. Wehren könne man sich in solchen Fällen etwa auf dem diplomatischen Weg, zum Beispiel durch eine Verwarnung oder eine Ausweisung einer Persona non grata. Dies geschehe dann, wenn die Schweizer Behörden den Eindruck hätten, dass sich die betreffenden Personen nicht «gemäss den Regeln verhalten».
Generell gelte aber auch, dass das EDA keine diplomatischen Massnahmen mehr ergreife, sobald die Justiz aktiv werde, wie das im Fall der mutmasslichen türkischen Spione der Fall ist. Sonst würde die Justiz in ihrer Arbeit behindert.
Ausweisung von Diplomaten als Möglichkeit
Ein sehr aktuelles Beispiel einer drastischen diplomatischen Massnahme ist die Ausweisung von 23 russischen Diplomaten aus Grossbritannien. London vermutet Moskau hinter dem Giftanschlag auf einen Ex-Doppelagenten in Salisbury. Von Massnahmen wie diesen sei die Schweiz allerdings weit entfernt, betonte Baeriswyl.
Es gebe zwischen den beiden Fällen drei grosse Unterschiede, so Baeriswyl. So gebe es im Giftanschlag-Fall offenbar Beweise für die Urheberschaft Moskaus – im Schweizer Türkei-Fall befinde man sich noch in einem juristischen Verfahren. Zudem gehe es im Fall in Grossbritannien um Leben und Tod. «Davon sprechen wir in unserem Fall noch nicht.»
Die Schweizer Diplomatie ist eher diskret. Allerdings haben auch wir schon Leute ausgewiesen.
Ausserdem verfolgten Grossbritannien und die Schweiz unterschiedliche Arten der Diplomatie. «Die Schweizer Diplomatie ist eher diskret. Das heisst aber nicht, dass sie nicht auch sehr effizient sein kann. Wir haben auch schon Leute ausgewiesen», sagte die Staatssekretärin.
Wie oft das vorkam und wen es traf wollte Baeriswyl allerdings nicht preisgeben. Gleichzeitig betonte sie aber, dass der Dialog mit der Türkei aufrechterhalten werde. Spätestens beim nächsten offiziellen Besuchstermin werde der mutmassliche Spionage-Fall wieder zum Thema.