2014 wurde ein syrisches Ehepaar nach Domodossola ausgeschafft, obwohl die werdende Mutter über starke Schmerzen klagte. Danach hatte sie im Spital eine Fehlgeburt erlitten.
Der Schweizer Grenzwächter, der für die Ausschaffung verantwortlich war, wurde später gerichtlich verurteilt. Doch der Bund wollte der Syrerin keinen Schadensersatz und keine Genugtuung zahlen.
12'000 Franken Genugtuung für die Frau
Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt aber anders entschieden: Der Bund muss doch eine Genugtuung leisten. Mit 12'000 Franken handelt es sich aber um eine deutlich niedrigere Summe, als von der Familie der Frau eingeklagt worden war.
Die syrische Frau erklärte im Februar bei der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wie sehr sie das damalige Geschehen noch immer verfolge. Sie leide unter Depressionen und sei in psychiatrischer Behandlung.
Der Frau wurde ein Arzt verweigert
Tatsache ist, dass die hochschwangere Frau vor acht Jahren auf dem Bahnhof Brig noch vor der Rückschaffung nach Italien über heftige Schmerzen klagte und kaum noch gehen konnte. Die Grenzwächter verweigerten ihr medizinische Hilfe, die Frau musste in den Zug Richtung Domodossola einsteigen.
Auch das Bundesverwaltungsgericht kommt jetzt zum Schluss, dass das Verhalten der Grenzwächter die für die Frau dramatische Situation mit wehenartigen Schmerzen verlängert habe. Wegen der unterlassenen Hilfe und der belastenden Zugfahrt habe die Frau unter begründeter Todesangst gelitten.
Das Gericht spricht ihr deshalb eine Genugtuung von 12'000 Franken zu. Demgegenüber lehnt das Gericht Zahlungen an den Ehemann der Betroffenen und ihre Kinder ab.
Mann und Kinder gehen leer aus
Dina Raewel, die Anwältin der Familie, freut sich zwar über die Genugtuung für die Frau. Sie kann aber nicht verstehen, dass die anderen Familienmitglieder nichts erhalten sollen, denn diese seien vom Vorfall auch betroffen. «Sie mussten mit ansehen, wie die Mutter Wehenschmerzen hatte, ihr aber niemand geholfen hat.»
Auch kritisiert die Anwältin, dass es keinen Schadensersatz dafür gibt, dass die Familie nach der Rückschaffung drei Jahre in Italien leben musste, wo die staatlichen Unterstützungsleistungen tiefer sind als in Deutschland, wohin die Familie ursprünglich wollte und mittlerweile auch lebt.
Eine solche Art der Entschädigung sei rechtlich nicht vorgesehen, heisst es dazu im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.