François-Louis Cailler war ein Schweizer Schokoladenpionier. 1819 errichtete er in En Copet in Corsier-sur-Vevey die erste moderne Schokoladefabrik der Schweiz. Und Cailler vertrieb als erster Schokolade in Tafelform. Sein Handwerk hatte er zuvor zwei Jahre lang auf Wanderschaft in Norditalien bei den Cioccolatieri und den Zuckerbäckern gelernt.
«Cailler war ein Autodidakt. Er musste sich vieles selber aneignen und viel ausprobieren», erzählt Tanja Aenis, Historikerin und Archivarin im Unternehmensarchiv von Nestlé. «Und wie alle Pioniere musste er Leute finden, die sein Produkt konsumierten.»
Schwierig war bei der Herstellung vor allem, dass der sehr teure und exquisite Rohstoff Kakao aus Südamerika importiert werden musste. «Cailler wusste nie recht, wann und wie viel Kakao bei ihm in der Fabrik ankommt.»
Mit Zucker gegen die Bitterkeit
Im 19. Jahrhundert war Schokolade aber noch ganz anders als jene, die wir heute kennen. «Schokolade war damals schwarz, relativ bitter und hatte einen hohen Fettanteil », erklärt Aenis. Man verarbeitete sie in Pulverform und versuchte, die Schokolade in Wasser oder Milch aufzulösen.
Um der Bitterkeit entgegenzuwirken fügte man Zucker bei, der zu jener Zeit ebenfalls sehr teuer war. Mit Geschmäckern wie Vanille oder Zimt haben die Fabrikanten versucht, das Geschmackserlebnis zu verbessern. Ursprünglich war Schokolade ein aristokratisches Getränk, das vor allem am spanischen und französischen Hof konsumiert wurde.
Wer hat's erfunden?
1875 gelingt Daniel Peter, dem Schwiergersohn von François-Louis Cailler, ein Meilenstein. Er hatte eine aus Kakao, Zucker und und Kondensmilch bestehende Schokolade entwickelt, die beim Publikum grossen Anklang fand: Dies gilt in vielen Veröffentlichungen noch immer als das Erfindungsdatum der Milchschokolade.
In einem Buch hatte Peter alle seine Versuche akribisch aufgeschrieben. Der hohe Wassergehalt der Milch war bei der Herstellung sehr problematisch. «Es war für Peter sehr schwierig, diese mit der Kakaobutter zu vermischen», weiss Historikerin Aenis.
Doch Peter fand eine Lösung: «Kondensmilch. Denn bei dieser ist das Wasser bereits entzogen.» Dank der Milch bekam die Schokolade einen neuen Geschmack, der zum Grosserfolg wurde.
Frauen zuerst
Und damit nicht genug. Peter forschte weiter und schaffte es, Milchschokolade als Tafel zu formen. Genauso wie wir sie heute kennen. «Die Milchschokolade, die als lieblich, weich und süss gilt, wurde den Frauen zugeordnet», sagt Aenis.
Männer hätten die Schokolade dann im Militär kennengelernt. So hat Peter beispielsweise die Schweizer Armee rund um den Ersten Weltkrieg mit den süssen Tafeln beliefert. «Schokolade, die damals noch mehr als Nahrungs- und weniger als Genussmittel galt, war die perfekte Verpflegung für das Militär», sagt Aenis. Denn sie war kalorienreich und galt als grosser Energielieferant. «Nach dem Krieg wurden dann auch Männer aktiver beworben.»
Mit gutem Marketing zum Welthit
Schweizer Hersteller hatten danach stets einen Vorsprung in ihrem Wissen und in der Umsetzung der Technik der Herstellung von Milchschokolade. Doch Aenis sieht auch noch andere Gründe dafür, warum die Schweiz zum «Schoggiland» wurde. So hätten die Hersteller ihre Produkte zu einer Marke gemacht: «Sie haben ihnen Namen gegeben und extra Verpackungen kreiert.»
Aber auch die Werbung spielte beim Erfolg der Schweizer Schokolade eine wichtige Rolle. «Mit klassischen Schweizer Klischees, wie Bergen, Sennen, Kühen, wurde das Schweizer Bild in die Welt hinausgetragen.»