Es ist eine traurige Premiere in der Geschichte des Schweizer Alpenclubs: Die SAC-Hütte am Mutthorn im Berner Oberland durfte diese Saison gar nicht erst öffnen. Zu gefährlich ist die Situation.
Die 127-jährige Hütte mit spektakulärer Sicht auf den Kanderfirn ist für Bergsteigende Sperrgebiet: Wegen des schmelzenden Permafrostes ruscht der Boden des auf 2900 Metern über Meer gelegenen Refuges talwärts. Oberhalb des Steinbaus sind 100'000 Kubikmeter Fels in Bewegung. Grosse Risse tun sich auf. «Wir befürchten, dass demnächst die gesamte Masse abstürzt und die Hütte beschädigen könnte», sagt der Geologe Hans Rudolf Keusen zu SRF.
Wir befürchten, dass demnächst ein Felssturz die Hütte beschädigen könnte.
Der heisse Sommer setzt dem Permafrost weiter zu, der Gletscher schmilzt und schmilzt: Die Messungen zeigen, dass die Felsmassen in den letzten Wochen weiter gerutscht sind. Der 1896 erbauten Hütte droht bald das endgültige Aus. «Es ist ein Musterfall. Weil es das erste Mal in der Geschichte des SAC ist, dass eine Hütte wegen klimabedingter Felsbewegungen aufgegeben werden muss», so der Geologe weiter.
Wie die Mutthornhütte muss auch die Rothornhütte in Zermatt verlegt werden.
Ebenfalls auf bröckelndem Untergrund stehen die Cabane de Bertol und das Refuge des Bouquentins im Wallis. «Wir nehmen die Situation sehr ernst», sagt SAC-Geschäftsführer Daniel Marbacher. Mit dem Projekt Hütten 2050 wolle man jetzt schauen, welche der 153 SAC-Berghütten durch den Klimawandel gefährdet sind.
Neubau an Ersatzstandort kostet Millionen
Am Mutthorn gibt es heute dafür etwas mehr Klarheit. 50 Meter neben der geschlossenen SAC-Hütte befindet sich fester Fels, ein Neubau für rund 4 Millionen Franken wäre möglich. In 30 bis 60 Jahren wird der Gletscher – die Attraktion der Mutthornhütte – jedoch komplett weggeschmolzen sein.
Der Hüttenchef will trotzdem an der Mutthornhütte festhalten. Er sieht gar grosses ökonomisches Potenzial, sollte der Gletscher dereinst ganz weg sein. Heute sei die Hütte nur für Bergsteigende erreichbar. «In Zukunft braucht man kein Seil oder Bergführer mehr, um zur Hütte zu gelangen.» Dann könne man über Felsen laufen. Durch eine mit Bergseen durchsetzte Landschaft. «Das ermöglicht einem ganz anderen Publikum, die Hütte zu besuchen», sagt Roger Herrmann.
SAC entscheidet bald über Zukunft
Ob das auch die Besitzer der Mutthornhütte so sehen, ist offen. Die Mitglieder des SAC Weissenstein entscheiden im Januar. Es ist möglich, dass die Mutthornhütte als erste SAC-Berghütte der Schweiz dereinst ersatzlos zurückgebaut wird.