Im Kanton Zürich hat das Stimmvolk in der ersten Klima-Abstimmung nach dem nationalen Nein zum CO2-Gesetz ein Energiegesetz angenommen, das Öl- und Gasheizungen künftig verbietet. Das Zürcher Gesetz könnte ein Vorbild sein für die Schweiz, sagt der Politgeograf Michael Hermann.
SRF News: Wie wegweisend kann der «Zürcher» Weg für den nationalen Klimaschutz sein?
Michael Hermann: Wegweisend ist die Annahme des Gesetzes schon nur deshalb, weil nach dem Nein des Schweizer Stimmvolks zum CO2-Gesetz im Juni eine Art Blockade und eine gewisse Ratlosigkeit vorgeherrscht hat. Der Zürcher Entscheid zeigt jetzt aber, dass in der Bevölkerung durchaus ein Bedürfnis vorhanden ist, etwas für den Klimaschutz zu machen.
In der direkten Demokratie muss man nach einem knappen Entscheid nicht gleich den Mut aufgeben.
Und das Ja zeigt, dass man in der direkten Demokratie nach einem knappen Entscheid nicht gleich den Mut aufgeben muss. Es geht vielmehr darum, es mit neuen Lösungsansätzen wieder zu probieren und so eine Mehrheit zu erreichen.
Mehr als 62 Prozent der Urnengängerinnen votierten in Zürich für ein Ja. Weshalb fiel die Zustimmung derart deutlich aus?
Eine wichtige Rolle spielt, dass sich die Abstimmung auf die Heizungsfrage beschränkte und nicht die ganze Klimapolitik in ein grosses Gesetz gepackt wurde. Das könnte auch für den Bund wegweisend sein.
Es lohnt sich, die Elemente in einzelnen Abstimmungen vors Volk zu bringen.
Denn wenn man verschiedene Dinge miteinander verquickt, dann ist auch die Opposition grösser, weil die einen gegen das eine sind und andere gegen etwas anderes. So summiert sich die Gegnerschaft. Beim nationalen CO2-Gesetz hat man diverse Instrumente wie eine Lenkungsabgabe oder Subventionen hineingepackt. Doch offensichtlich lohnt es sich, diese Dinge in einzelnen Abstimmungen vors Volk zu bringen.
Welche Rolle spielte die Zürcher Regierung und der grüne Baudirektor Martin Neukom beim Abstimmungserfolg vom Wochenende?
Die Politiker haben vor allem ein gutes Gesetz gebaut. So werden etwa auch Härtefälle abgefedert. Wohl vor allem deshalb liess sich die Bevölkerung davon überzeugen, dass das Gesetz eine gute und machbare Lösung ist.
Die Botschaft der Gegner – sie waren viel präsenter im Abstimmungskampf als die Befürworterinnen – kam offenbar nicht an. Weshalb nicht?
Im Abstimmungskampf wurden Ängste geweckt – etwa, dass die Mieten steigen würden oder das neue Gesetz massenweise zu Leerkündigungen führen würde. Das hat bei den Stimmbürgerinnen und -bürgern offenbar aber nicht verfangen. Grund dafür dürfte auch die im Gesetz vorgesehene finanzielle Unterstützung beim Wechsel der Heizanlagen gewesen sein.
Es braucht jetzt Mut und kluge Vorlagen.
Was bedeutet das nun für die nationale Energie- und Klimapolitik?
Man sollte daraus lernen, jetzt mutig zu sein und es wieder zu versuchen. Denn man kann auch allzu vorsichtig sein und ein Gesetz zu Tode organisieren. Es braucht jetzt also Mut und kluge Vorlagen. Nicht ganz unwichtig ist dabei die Wahl des Abstimmungstermins. Im Juni hat sicher auch die Kombination mit den beiden Agrarinitiativen, die auf dem Land sehr stark mobilisiert haben, zum Scheitern des CO2-Gesetzes beigetragen.
Das Gespräch führte Claudia Weber.