Am Mittag kommt es in Basel auf der Mittleren Brücke zum Showdown: Der 1.-Mai-Umzug wird aufgehalten durch erboste Unia-Gewerkschafter, die beim offiziellen Umzug nicht mitlaufen wollen.
«Als die Unia damals zusammengeschlossen wurde, war sie eine Arbeiterbewegung, ganz klar. Heute ist es eine diktatorisch geführte Organisation», sagt Hans-Ulrich Balmer. Er präsidierte bis vor kurzem die Unia im Berner Oberland und verlor dort einen Machtkampf.
«Wichtig ist, dass man auch die Kreise in der Unia wahrnimmt, die vielleicht etwas kritischer sind als die anderen. Aber sie müssen auch als Mitglieder voll akzeptiert sein und sollen nicht einfach auf die Seite geschoben werden oder aus allen Gremien ausgeschlossen werden wie es bei mir der Fall gewesen ist», meint Balmer.
Kritik an der Chefetage
Auch andere Gewerkschafts-Mitglieder üben Kritik an der Chefetage der Unia. Für Monika Beck aus der Region Aargau muss sich etwas ändern: «Mit allem Schönreden und Unter-den-Tisch-wischen geht die Gewerkschaft zugrunde.» Unia-Mitglied Ursula Reich doppelt nach: «Das ist etwas, das die Unia sehr gerne macht: Maulkörbe verpassen. Wenn es ihnen nicht recht ist, dann muss man schweigen.»
Konflikte in der Gewerkschaft
Tatsächlich macht die Gewerkschaft Unia seit Jahren immer wieder negative Schlagzeilen:
- 2015 in Basel: «Ex-Mitarbeiter werfen Unia sektenhaftes Controlling vor.»
- 2016 in Zürich: «Roman Burger tritt zurück: Unia-Chef stolpert über Grüsel-SMS.»
- 2017 im Aargau: «Krise bei der Unia – wenn die Gewerkschaft fristlos kündigt.»
Vania Alleva, Präsidentin der Unia Schweiz nimmt an der 1.-Mai-Feier in Winterthur teil. Sie stellt sich der Kritik an der Gewerkschafts-Leitung: «Es gibt Konflikte. Wir sind aber eine grosse Organisation mit über 1000 Mitarbeitenden und mit rund 200'000 Mitgliedern. Bei dieser Grösse ist das auch nicht weiter verwunderlich.» Aber man habe den Anspruch, aus Konflikten Lehren zu ziehen und es beim nächsten Mal besser zu machen.
Immer weniger Mitglieder
Zur Kritik aus den eigenen Reihen kommt auch der Rückgang bei den Mitgliederzahlen. Nach der Unia-Gründung 2004 gingen die Zahlen zurück. Einige Jahre konnte dieser Trend dank Anwerben von Neumitgliedern gestoppt werden. Zuletzt war der Rückgang aber so gross wie noch nie.
Alleva bestätigt den Rückgang im letzten Jahr. Dieser hänge aber stark mit der strukturellen Situation auf dem Arbeitsmarkt zusammen. Im Bausektor gingen viele Mitglieder verloren. Im Dienstleistungssektor hat die Gewerkschaft gemäss Alleva hingegen zulegen können.
Rücktrittsforderung an die Unia-Leitung
An der Demonstration in Basel ist für die Kritiker der Unia klar: Ein Neuanfang auf der Chefetage ist notwendig. Für Hans-Ulrich Balmer braucht es eine Gewerkschaft. Aber die Art und Weise, wie sie im Moment geleitet wird, müsse sich ändern. «Es wäre wichtig, dass die Gewerkschafts-Spitze zurücktritt. Für einen Neuanfang braucht es andere Leute, die näher bei der Basis sind und bei denen die Demokratie besser verankert ist.»
Ist ein Rücktritt ein Thema für die Unia-Präsidentin? «Wir sind eine Basisorganisation. Wenn es solche Anträge gibt, wird man darüber diskutieren», meint Vania Alleva dazu.
Die Unia-Kritiker in Basel wollen so schnell nicht aufgeben. Weitere Aktionen gegen die Chefetage der Gewerkschaft seien bereits in Planung.