Maulwürfe, ein Spion im Auslandseinsatz, deutsche Steuerfahnder, die mit zweifelhaften Deals Steuerbetrüger auffliegen lassen. Und mittendrin der Nachrichtendienst des Bundes (NDB), der den Schweizer Finanzplatz schützen will. Der Fall Daniel M. hat alle Zutaten für einen Spionage-Thriller. Allerdings nur auf den ersten Blick.
Denn bei genauerer Betrachtung implodiert der aufregende Plot: Ausser Spesen nichts gewesen, stellte die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments gestern fest. Am Ende blieb bilaterales Unbehagen zwischen Bern und Berlin; und eine Bewährungsstrafe für den aufgeflogenen Spion, der sich vor der deutschen Justiz verantworten musste. Nicht eben das klassische Ende eines Spionage-Thrillers.
Es rumort in Bundesbern
Nun gerät der Schweizer Nachrichtendienst ins Visier der Politik. Wie der gestern veröffentlichte Bericht der parlamentarischen Aufseher anprangert, soll der NDB seinen Spion schlecht geführt und nur wertlose Informationen erhalten haben: «Viel Aufwand, kein Ertrag», meint SP-Ständerat Claude Janiak lakonisch. Zu allem Überfluss soll der Einsatz von Daniel M. keine Gesetzesgrundlage gehabt haben, also illegal gewesen sein.
Viel Aufwand, kein Ertrag.
Tags darauf fallen die politischen Reaktionen unterschiedlich aus. SVP-Ständerat Alex Kuprecht meint: «Willkommen im Club». Man solle sich nichts vormachen: Derartige Probleme gebe es immer wieder im «heiklen Bereich der Geheimdienstarbeit» – auch im Ausland.
Anders klingt es bei der politischen Linken. Sie fordert personelle Konsequenzen, und zwar ganz oben: «Am Schluss ist immer der oberste Chef verantwortlich», sagt Alexander Tschäppat. Der SP-Nationalrat hinterfragt damit die Rolle von Ex-NDB-Chef Markus Seiler, der mittlerweile ins Aussendepartement wegbefördert wurde.
Dilettantismus oder professioneller Alltag im Geheimdienst-Geschäft? Einer, der es beurteilen kann, ist Bruno Lezzi. Der Journalist beschäftigt sich seit Jahren mit dem Schweizer Geheimdienst. Sein unmissverständliches Urteil: «Das war wirklich kein Meisterstück des Nachrichtendiensts.»
Dass der NDB «externes Personal» rekrutiert, hält Lezzi aber nicht für problematisch: «Leute mit den nötigen Voraussetzungen findet man kaum in staatlichen Strukturen.» Und Teil des Geschäfts sei, dass man gelegentlich für etwas zahle ohne genau zu wissen, was am Ende dabei herauskomme: «Nachrichtendienst ist eine Arbeit mit vielen Puzzle-Steinen, die letztlich zusammengesetzt werden. Es kann immer mal sein, dass eine Information den Erwartungen nicht entspricht.»
Wenn man menschliche Quellen – «Human Intelligence» – anzapfe, sei aber eines zentral: «Solche Leute bewegen sich teils im Schatten, in Grauzonen. Umso wichtiger ist die Quellenführung. Und daran hat es offenbar gehapert.»
Unsere Apparate sind überblickbar und keine Grossorganisation wie die CIA.
Es brauche «gezielte Aufträge» und «gezielte Führung», um die nötigen Informationen zu bekommen, so der Geheimdienstexperte: «Der Fehler war, dass Daniel M. zu engen Zugang zum NDB hatte.» Statt mit einem zuständigen Offizier zu kommunizieren, habe der angeheuerte Spion Zugang zum innersten Gefüge des Nachrichtendiensts gehabt.
Gravierend scheint schliesslich der Vorwurf, dass die Aktivitäten von Daniel M. illegal waren. Hier gibt Lezzi zu Bedenken, dass nachrichtendienstliche Aufklärung im Ausland immer illegal sei: «Das muss man in Kauf nehmen, wenn man einen etwas risikoreicheren Nachrichtendienst betreiben will.»
Abschliessend rät Lezzi dem Schweizer Geheimdienstapparat zur «etwas engeren, smarteren Zusammenarbeit. Unsere Apparate sind überblickbar und keine Grossorganisation wie die CIA.»