SRF News: Die BLS will fünf Linien betreiben, die bisher die SBB bediente. Macht das ökonomisch gesehen Sinn?
Widar von Arx: Es ergibt für die BLS Sinn. Das Unternehmen kann seine Overhead-Kosten für Management, IT oder Werkstätten verteilen oder sein Rollmaterial besser einsetzen. Volkswirtschaftlich gesehen ist der Nutzen jedoch beschränkt. Wir haben in der Schweiz im Bahnverkehr ein korporatistisches System mit vorgegeben Fahrplan und Preisen. Was die BLS als Ertrag gewinnt, verliert die SBB. Billiger produzieren als die SBB kann die BLS wohl kaum.
Damit Wettbewerb etwas bringt, müsste man Preiswettbewerb zulassen, wie etwa in Schweden.
Mehr Wettbewerb führt zu besserer Qualität, so steht es im Lehrbuch. Funktioniert das hier?
Die Bahn ist ein sogenanntes Commodity Produkt, also eine standardisierte Dienstleistung, die von den verschiedenen Anbietern etwa gleich erbracht wird. Man kann sich also vor allem über den Preis differenzieren. In der Schweiz haben wir aber einheitliche Tarife. Damit Wettbewerb etwas bringt, müsste man Preiswettbewerb zulassen, wie etwa in Schweden.
Schweden hat 2001 den Schienenverkehr vollkommen liberalisiert. Was sind die Erfahrungen?
Auf der lukrativen Strecke zwischen Göteborg und Stockholm gibt es Konkurrenz. Die Erfahrungen sind hier gut. Die Preise sinken und die Staatsbahnen sind fit geworden. Allerdings funktioniert das Modell nur bei Paradestrecken gut. Im wenig rentablen Regionalverkehr ist das Angebot dünner als in der Schweiz. In der Schweiz gleicht die SBB mit Erträgen von rentablen Strecken Verluste bei unrentablen Linien aus. Die Umstellung auf ein Wettbewerbssystem wie in Schweden hätte also fundamentale Konsequenzen, die man genau durchdenken müsste.
Was bringt es den Kunden, wenn die BLS wie gewünscht die Konzession für die fünf Bahnlinien erhalten würde?
Den Kunden würde es nur etwas bringen, wenn man die Preisfreiheit einführen würde.
Was raten Sie dem Bund, der über die Konzessionsgesuche von SBB und BLS entscheiden muss?
Die Frage ist, ob der Bund die BLS am Wachstumsmarkt beim Fernverkehr beteiligen will, was dieses Unternehmen stärken könnte. Grundsätzlich scheint mir ein Wettbewerb zwischen Staatsbahnen jedoch eher heikel. Bei einem solchen Wettbewerb tragen am Schluss die Steuerzahler die Risiken. Es wäre also ein künstlicher Wettbewerb.
Das Gespräch führte Christian Schürer.