Schweizer Epidemiologen haben das Bundesamt für Gesundheit für die Aussagen, Enkel seien für Grosseltern nicht gefährlich, bereits kritisiert. Jetzt legt der deutsche Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité neue Daten vor. Seiner Analyse spricht dafür, dass Kinder doch ansteckend sein könnten – er rät von der uneingeschränkten Öffnung von Schulen ab.
An einer Medienkonferenz heute in Zürich sagt Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit, er kenne die Studie aus Deutschland. «Das stellt die Wiedereröffnung der Schulen nicht infrage.» Dass auch Kinder am Coronavirus erkranken können, sei nicht neu. Das geschehe aber nur selten. «Sie sind nicht die Treiber der Epidemie. Es sind die Erwachsenen.»
So argumentieren die deutschen Forscher
Die Zahl der Viren, die sich in den Atemwegen nachweisen lässt, unterscheide sich bei verschiedenen Altersgruppen nicht, berichten hingegen die deutschen Forscher von der Berliner Charité in der vorab veröffentlichten und noch nicht von unabhängigen Experten geprüften Studie.
Das Team um Drosten hatte in Proben von 3712 Infizierten, die zwischen Januar und 26. April in einem Berliner Testzentrum untersucht wurden, die Menge an Sars-CoV-2-Viren in Rachenabstrichen bestimmt. Sie fanden keinen Unterschied in der Viruslast zwischen verschiedenen Altersgruppen.
Die Studie spricht dafür, dass man vorsichtig sein und weitere Untersuchungen machen muss. Aber sie ermöglicht kein abschliessendes Urteil.
Die Forscher von der Charité hätten mit den Rachenabstrichen untersucht, wie gross die Viruslast in Infizierten sei, erklärt SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel. «Oder anders gesagt: Sie haben so versucht abzuschätzen, wie gross die Viruslast ist.»
Doch Zöfel relativiert: «Ob ein Rachenabstrich mit hoher Viruslast eins zu eins bedeutet, dass Kinder genauso ansteckend sind wie Erwachsene, ist für mich offen.» Es sei ein Hinweis in dieser Richtung, ein weiteres Puzzlestück, aber mehr noch nicht.
Das Ergebnis der Untersuchung spreche aber dafür, dass man nicht so einfach sagen könne, dass Kinder weniger ansteckend seien. «Sie spricht dafür, dass man vorsichtig sein und weitere Untersuchungen machen muss. Aber sie ermöglicht kein abschliessendes Urteil.»