Rita Uwaka ist in die Schweiz gereist, um zu erzählen. Von den Auswirkungen einer Palmöl- und Kautschuk-Plantage in ihrer Heimat Nigeria.
Und sie will sehen, wo die Fäden zusammenlaufen: in der Altstadt von Freiburg, in der Alten Post. Von diesem stattlichen Gebäude aus steuert der Konzern Socfin einen Grossteil seiner internationalen Geschäfte, auch jene Tochter, die in Okomu die Plantage betreibt.
Die Strasse geht zu Menschen nach Hause, zu Ackerflächen, religiösen Stätten und Schulen.
Diese Plantage beeinträchtige das Leben der dortigen Bevölkerung stark, sagt Aktivistin Uwaka. Seit sie in Betrieb sei, könne die örtliche Strasse nicht mehr frei genutzt werden. «Die geht zu Menschen nach Hause, zu Ackerflächen, religiösen Stätten und Schulen.»
Unrecht sei das, sagt Uwaka, die in Nigeria für eine Nicht-Regierungsorganisation arbeitet. Die Bevölkerung sei dem Unternehmen ausgeliefert. Socfin kontrolliere die einzige direkte Strassenverbindung ins Dorf.
Vorwürfe «teilweise begründet»
Socfin teilt auf Anfrage von SRF mit, die Plantage sei tatsächlich stärker abgesichert worden, zum Schutz vor Diebstahl. Und der Konzern habe die Stiftung Earthworm beauftragt, Beschwerden zu untersuchen. Earthworm ist zwar formal unabhängig, steht seinen Auftraggebern aber nahe. Die Stiftung wird finanziert von grossen Unternehmen.
Im Fall der Plantage in Okomu ist selbst Earthworm zum Schluss gekommen, die Beschwerden zur Zufahrtsstrasse seien «teilweise begründet». So teilt es Socfin mit. Die Stiftung schreibe aber, dass niemand vom Zugang zu seinem Haus abgehalten wurde und dass das Tor in Notfällen jederzeit geöffnet werde, auch nachts.
Auch der Fluss ist verschmutzt
Das Zusammenleben zwischen Unternehmen und Bevölkerung ist spannungsgeladen. Aktivisten und Journalistinnen berichten von teilweise gewaltsamen Zusammenstössen. Auch die freischaffende Investigativ-Journalistin Elfredah Kevin-Alerechi.
Socfin zieht viel Profit aus der Plantage. Die Teilhabe des Dorfes steht in keinem Verhältnis dazu.
Sie hat in Okomu recherchiert und sagt: «Socfin zieht viel Profit aus der Plantage. Die Teilhabe des Dorfes steht in keinem Verhältnis dazu.» Ihre Recherchen zeigten auch, dass das Trinkwasser in der Nähe mit Dünger verschmutzt ist. Socfin sagt, die Verschmutzung sei klein und lokale Behörden würden sie auf andere Quellen als die der Plantage zurückführen.
Im Visier der neuen Initiative
Zugangsbeschränkungen, Umweltverschmutzung und ein Unternehmen, das aus der Schweiz agiert. Es sind diese Konstellationen, welche die Allianz hinter der zweiten Initiative für Konzernverantwortung im Visier hat.
Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt sagt, Socfin sei «immer wieder» in den Schlagzeilen. Es gebe viele Beispiele, wo die Bevölkerung dem Unternehmen Menschenrechts-Verletzungen vorwerfe. Die Initiative verlangt deshalb, dass künftig die nigerianische Dorfbevölkerung auch in der Schweiz gegen Socfin klagen kann.
«Wir wollen verantwortungsvolles Wirtschaften»
Auch wenn in diesem Fall primär der nigerianische Staat in der Pflicht ist, brauche es die Anpassung der Schweizer Verfassung. Denn in vielen Herkunftsländern der in Europa benötigten Rohstoffe sei Rechtsstaatlichkeit «nicht gegeben», so Müller-Altermatt.
Für die Aktivistin Rita Uwaka ist am Ende gar nicht entscheidend, wer urteilt. «Wir wollen verantwortungsvolles Wirtschaften, das die Rechte der Bevölkerung schützt.» Uwaka sieht vor allem die grosse Kluft, zwischen der Alten Post in Freiburg. Und den Verhältnissen in Okomu, Nigeria.