- Seit rund drei Jahren räumen Kriminelle in der Schweiz immer mehr Bankomaten aus. Erst vergangene Nacht versuchten sich Unbekannte an einem Bankomaten in Morgins/VS, flüchteten dann aber ohne Beute.
- Betroffen sind nicht nur einzelne Gebiete, sondern die ganze Schweiz. Die Banden agieren dabei grenzüberschreitend in ganz Europa.
- Nun gibt es einen Fahndungserfolg: Letzte Woche hat die Bundesanwaltschaft die erste Anklage gegen einen mutmasslichen Sprenger erhoben.
Es sind Szenen wie aus einem Film. Nachts, ein Bankomat irgendwo auf dem Land. Zwei vermummte Männer fahren auf einem Roller vor, hantieren am Automaten. Dann: Mit einem Riesenkrach sprengen sie ihn in die Luft und klauen zigtausend Franken Bargeld. In wenigen Minuten ist der Bankomat gesprengt, das Geld draussen und die Täter weg.
Für Sprengstoffdelikte ist der Bund zuständig. Die Ermittlungen leitet das Bundesamt für Polizei (Fedpol). Mediensprecher Florian Näf sagt, was man über die Sprengungen weiss. «In der Schweiz gab es dieses Jahr rund zwei Dutzend Angriffe.» Dies entspreche ungefähr dem Niveau der letzten Jahre. «Es zeichnet sich ab, dass wir Ende Jahr wieder 20-25 Bankomat-Sprengungen verzeichnen werden.»
2020 konnte aufgrund einer Tatortspur in der Schweiz eine Verhaftung in Dänemark vollzogen werden. Diese wiederum hatte eine Verhaftung in Österreich zur Folge. Es braucht eine starke Zusammenarbeit.
Das Bankomaten-Sprengen gehörte zur internationalen Kriminalität, erklärt Näf weiter. «Die Kriminalität findet grenzübergreifend in ganz Europa statt und die Schweiz mitten in Europa ist eben auch von solchen Bankomat-Sprengungen betroffen.»
Die organisierten Banden, meist in Kleingruppen von drei bis vier Personen unterwegs, stammten aus Frankreich oder Osteuropa. Die Fahndung gestaltet sich schwierig, die Täter hinterlassen wenig Spuren und sind schnell über die Grenze verschwunden.
Entscheidend sei daher die internationale Zusammenarbeit, sagt Fedpol-Sprecher Näf: «2020 konnte aufgrund einer Tatortspur in der Schweiz eine Verhaftung in Dänemark vollzogen werden. Diese wiederum hatte eine Verhaftung in Österreich zur Folge. Das Beispiel zeigt, dass es eine starke Zusammenarbeit braucht.»
Anfang Oktober teilte die Bundesanwaltschaft mit, sie habe einen mutmasslichen Sprenger in Österreich festgenommen und angeklagt. Es ist die erste Anklage auf Bundesebene – die Ermittlungen scheinen also nicht einfach.
Technologie kann Abhilfe schaffen
Peter Villiger vertreibt seit den 90er-Jahren im aargauischen Sins ein System, das Bankomaten vor Kriminellen schützen soll. Bankomaten seien einer von immer weniger Orten, wo überhaupt noch reichlich Bargeld vorhanden sei. Das mache sie attraktiv. Hier greift Villigers Technologie ein: Im Falle einer Sprengung wird das Geld mit Spezialfarbe eingefärbt und unbrauchbar gemacht. «Wenn ein Täter nach einer Sprengung das Geld trotzdem mitnehmen würde, könnte man die Tat zurückverfolgen.»
Ein Label am Automaten warnt die Täter: Hier lohnt es sich nicht. Wie viele der gesprengten Automaten derart geschützt sind, lässt sich nicht eruieren. Die Banken geben dazu keine Auskunft. Doch Villiger bestätigt, die Nachfrage sei enorm gestiegen seit dem Aufkommen der Sprengungen.