Neue Vergabekriterien der grössten Aargauer Bank, der Aargauischen Kantonalbank (AKB), führten seit Anfang Jahr zu viel Kritik. Die Regelung, Kredite nur noch an nachhaltige Unternehmen zu vergeben, stiess gewisse Firmen vor den Kopf. Die AKB wollte keine Kredite an Firmen vergeben, die mit Alkohol handeln. Auch bei Casinos, Spirituosen, Tabak oder Gentechnik schränkte die Bank die Kreditvergabe ein. Man wolle nachhaltiger werden – das sei ein unternehmerischer Entscheid, liess die Bank verlauten.
Brennereien ärgerten sich in der Folge darüber, dass sie plötzlich nicht mehr kreditwürdig sein sollen. Aargauer Obstproduzenten äusserten Angst um den Absatz ihrer Früchte, die ausschliesslich für Brennereien genutzt werden. Bürgerliche Parteien, Gewerbeverband, Industrie- und Handelskammer, aber auch grosse Konzerne wie der Chemiekonzern Syngenta mit Produktion im Aargau kritisierten die Bank. «Der Umwelt helfen, ja, aber nicht so» – hiess es von verschiedenen Seiten.
Wir waren über die Intensität der Reaktionen überrascht.
«Wir waren über die Intensität der Reaktionen überrascht. Es ist ein emotionales Thema, wir haben einen Überlegungsfehler gemacht», sagt CEO Dieter Widmer. Nach diversen Gesprächen und Sitzungen ist nun klar: Die Aargauische Kantonalbank hält an ihren Vergabekriterien fest, aber sie macht gewisse Ausnahmen.
Ausnahmen für regionale Unternehmen
In den Grundsätzen bleibt die Nachhaltigskeitsstrategie bestehen: «Die AKB vergibt keine Kredite, wenn ethische Werte sowie Grundsätze zum Schutz unserer Umwelt nicht eingehalten werden oder geltendes Recht verletzt wird». Neu aber werden regionale Produzenten anders behandelt, die Regeln werden aufgeweicht. Das gelte auch für Traditionen oder die Versorgungssicherheit.
Sensible Geschäftstätigkeiten will die Bank einer «erhöhten ESG-Aufmerksamkeit (Enviroment, Social, Governance) unterziehen», das heisst für diese Bereiche gibt es bis auf die Ausnahmen keine Kredite:
- Produktion von oder Handel mit alkoholischen Getränken (ausgenommen Bier, Wein und regionale Spezialitäten)
- Produktion von oder Handel mit Tabakprodukten
- Betreiben von Glücksspielen und Casinos
- Produktion von oder Handel mit Waffen, Waffenzubehör und Munition
- Betreiben von Kernkraftwerken und fossilen Kraftwerken
Wenn eine Firma Waffen für die Jäger, Polizistinnen oder den Schiesssport für den Kanton oder die Schweiz produziert, erhält sie eher einen Kredit, als wenn sie Waffen für Kriegsparteien im Ausland herstellt. Auch bei Atomkraftwerken entscheidet die Bank von Fall zu Fall: «Das Thema wurde intensiv diskutiert. Neu ist sogar ein Ausbau bestehender Kraftwerke möglich», sagt der CEO der AKB.
Grosser Schritt oder Nachholbedarf?
Der Schritt, die Kreditvergabe zu beschränken, sei «sehr gross gewesen», meinte AKB-Chef Dieter Widmer. Die Wirtschaft habe den Schritt als «moralisierend und belehrend» empfunden, das sei nicht die Absicht der Bank gewesen.
Unter dem Strich ist die AKB gar nicht so fortschrittlich unterwegs. Andere Banken waren schneller. Eine Studie des WWF zum Thema Nachhaltigkeit der Banken kam im Frühling 2021 zum Schluss, dass die Aargauische und die Luzerner Kantonalbank weit unten auf der Liste stehen.
Keine der 15 grösseren Schweizer Banken schnitt in der Studie sehr gut ab. Die Basler, die Basellandschaftliche, die Berner und die Zürcher Kantonalbank, sowie Raiffeisen und die Schweizer Ableger der Grossbanken UBS und Credit Suisse sind im Mittelfeld zu finden. Die AKB hatte noch Luft nach oben und setzt jetzt auf eine Kompromisslösung.