Im Text ging es um die kantonale Abstimmung vom 9. Februar. Dann entscheidet die Berner Stimmbevölkerung darüber, ob in der Gemeinde Wileroltigen ein Transitplatz für ausländische Fahrende gebaut werden soll.
Der besagte Onlinetext schloss mit der Aufforderung an die Stimmberechtigten, am 9. Februar Ja zum Transitplatz zu sagen. Über dem Titel stand in kleiner Schrift «Paid Post», also bezahlter Inhalt. Sonst kam der Text wie ein normaler Artikel daher, es war aber keiner: Es war Werbung.
Max Trossmann, Vizepräsident des Schweizer Presserats, schüttelt nur den Kopf: Verschleierte Werbung störe ihn. Und wenn es um politische Werbung gehe erst recht: «Hier geht es um demokratische Prozesse und wenn man da mit der Irreführung der Leserschaft operiert, finde ich das bedenklich.»
Interne Richtlinien nicht verletzt
Das Medienhaus TX Group, das die «Berner Zeitung» und den «Bund» herausgibt, wollte zum Fall nur schriftlich Stellung nehmen: «Zwischen redaktionellen Inhalten und Werbung wird eine strikte Trennung eingehalten. Das besagte Inserat entspricht inhaltlich unseren internen Richtlinien.» Durch den Schriftzug «Paid Post» sei der Text als Werbung erkennbar gewesen.
Bisher ist es ein Einzelfall, dass «Native Advertising», wie diese neue Werbeform genannt wird, für politische Werbung eingesetzt wird. Aber sonst findet sie sich regelmässig in den Schweizer Zeitungen, gedruckt und online.
Das beschädigt ihre Glaubwürdigkeit, und dass das die Verleger nicht einsehen, begreife ich schlicht nicht.
Neben dem Presserat machen sich auch viele Journalistinnen und Journalisten Sorgen deswegen. So haben etwa die TX-Group-Redaktionen mit einem offenen Brief bei ihrer Unternehmensleitung interveniert. Trossmann versteht, dass die Journalisten unzufrieden sind: «Das beschädigt ihre Glaubwürdigkeit, und dass das die Verleger nicht einsehen, begreife ich schlicht nicht.»
Verlegerverband sieht kein Problem
Andreas Häuptli, Geschäftsführer des Verlegerverbands, lässt die Kritik des Presserats nicht stehen: Den Verlegern sei sehr wohl bewusst, dass die Glaubwürdigkeit ihrer Produkte auf dem Spiel stehe, aber die neue Werbeform werde überall sorgfältig umgesetzt: «Wir finden, es ist keine schlechte Entwicklung im Gange. Man muss vorsichtig sein und darf nicht überdramatisieren. Wir sind da wirklich sauber und gut unterwegs.»
Auch hätten verschiedene Verlage die Kennzeichnung von «Native Advertising» verbessert, betont Häuptli. Und dennoch: Der offene Brief der Redaktionen und die Beschwerden beim Presserat zeigen, «Native Advertising» hat das Potenzial, die Glaubwürdigkeit von Zeitungen zu beschädigen – und Glaubwürdigkeit ist im Journalismus das höchste Gut.