Der Heimsektor im Wankdorf-Stadion bleibt geschlossen, wenn die Berner Young Boys am 20. Januar 2024 die Grasshoppers aus Zürich empfangen. Diese Massnahme wurde beschlossen, nachdem es am Samstagabend zu Sachbeschädigungen und Drohungen durch YB-Fans in Zürich gekommen war.
Wie die Vereine nach solchen Ausschreitungen sanktioniert werden, soll in Zukunft klarer geregelt sein. Dafür sorgen soll ein sogenanntes Kaskadenmodell.
Ein solches haben die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren und die Swiss Football League (SFL) gemeinsam erarbeitet. Ein erster Entwurf ist nun öffentlich, wie CH Media zuerst berichtete. Es ist jetzt in der Vernehmlassung.
Zum Zuge kommt dieses Modell, sobald es Ausschreitungen von Fan-Gruppen gibt. Es umfasst fünf Eskalationsstufen, wobei gewisse Vorfälle automatisch gewisse Massnahmen auslösen. Kommt es zu gravierenden Sachbeschädigungen, sind Fans und Clubs für drei Spiele dazu verpflichtet, sich mit der Polizei über die Lage auszutauschen.
Gravierender werden die Massnahmen bei den Stufen 3, 4 und 5. Dann greifen sogenannte Kollektivstrafen: Bei Gewalt mit Verletzten oder Einsatz von Waffen muss ein Club die Fankurve beim nächsten Heimspiel für mindestens ein Spiel schliessen.
Kommt es in der Bewährungsphase zu ähnlichen Vorfällen, muss das nächste Heimspiel ganz ohne Publikum stattfinden. Führt auch dies nicht zur gewünschten Massregelung, wird das nächste Heimspiel abgesagt. Der betroffene Club verliert «forfait». Insbesondere diese Massnahme bietet Zündstoff.
Clubs wehren sich gegen Kollektivstrafen
Der FC Luzern spricht sich gegen Kollektivstrafen aus, wie sie im Kaskadenmodell vorgesehen sind – etwa Forfait-Niederlagen von Teams. «Aus unserer Sicht werden solche Massnahmen nicht zum Ziel führen und keinen mässigenden Einfluss haben auf Fans mit problematischem Verhalten», sagt FCL-Mediensprecher Markus Krienbühl.
Ähnlich kritisch gegenüber Kollektivstrafen äussern sich die Berner Young Boys. «Aus unserer Sicht sollte im Zentrum stehen, die Täterschaft ausfindig zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen», schreibt der Club auf Anfrage von SRF. Kollektivbestrafung schiesse meist übers Ziel hinaus und treffe nicht die Täter, sondern die überwiegende Mehrheit der Fans, die sich korrekt verhalte, heisst es vom FC Winterthur.
Auch FCZ-Präsident Ancillo Canepa machte an einer Medienkonferenz kein Geheimnis daraus, dass er Vorbehalte gegenüber den schärfsten Massnahmen habe – insbesondere der Forfait-Niederlage. Diese Sanktion sei absurd. «So können irgendwelche Leute aus Willkür ein Spiel so beeinflussen, dass eine Mannschaft verliert. Das geht nicht», so Canepa.
GC-Präsident András Gurovits teilt diese Sorge und spricht von einem «heissen Eisen». Fan-Gruppen könnten so eine Niederlage eines gegnerischen Vereins provozieren. Über diese Massnahme müsse noch intensiv diskutiert werden, findet Gurovits. Auch bei YB heisst es, dass man hier noch den Hebel ansetzen müsse.
Im Grossen und Ganzen stehen die Clubs dem neuen Modell aber positiv gegenüber. Mit einem solchen sei klar geregelt, welche Sanktionen bei welchen Vergehen ausgesprochen würden. «So sehen die Fans, was passiert, wenn sie sich nicht anständig benehmen», sagt etwa GC-Präsident András Gurovits.
Das neue Kaskadenmodell soll Anfang 2024 definitiv vorliegen und zum Start der Saison 2024/2025 in Kraft treten.