«Komplett daneben» oder «ein fertiger Blödsinn» – es hagelt negative Kommentare auf der SRF-1-Facebook-Seite auf die Frage, ob Sie einen verkaufsoffenen Heiligabend gut oder schlecht finden.
Auch auf dem Telefonbeantworter des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» gehen die Wogen hoch: «Immer nur shoppen, shoppen, shoppen – da muss man einen Riegel schieben!», sagt ein Hörer. Von einer «Zumutung gegenüber den Angestellten» und «Sklavenhalterei» reden andere.
Einzelne stellen sich aber die berechtigte Frage, wieviele von den Kritikern dann an Heiligabend vielleicht doch einkaufen gehen. Tatsache ist: Die Shopping-Center sind an solchen Tagen rappelvoll. Das bestätigt auch Raguth Clavadetscher im Interview. Er ist Chef des Glattzentrums bei Wallisellen, eines der grössten Einkaufszentren der Schweiz.
SRF: Das Glattzentrum öffnet am 24. Dezember seine Türen von 10 bis 16 Uhr. Eine Umfrage hat gezeigt: Bei vielen «Espresso»-Hörerinnen und -Hörern machen Sie sich damit nicht gerade Freunde.
Rageth Clavadetscher: Uns ist bewusst, dass dieser Sonntag für viele eine spezielle Bedeutung hat. Für andere aber wieder weniger. Uns ist wichtig, dass wir alle Stimmen hören. Wir haben bereits vor einem Jahr davon gesprochen und das von langer Hand geplant.
Was in den Kommentaren häufig zu hören war: Man gönnt den Angestellten nicht einmal einen Freitag am 24. Dezember. Sogar von Sklavenhaltung war die Rede.
Das möchte ich so nicht im Raum stehen lassen. Bevor wir auf der Gemeinde die Bewilligung eingeholt haben, fragten wir unsere Mieter, und kein Geschäft sprach sich dagegen aus.
Viele Angestellte und Studenten sind froh, wenn sie einen Lohnzustupf von 50 Prozent erhalten können.
Sie denken also nicht, dass die Angestellten, die am 24. Dezember arbeiten müssen, ein Problem haben?
Im Vorfeld fragte ich die Geschäftsführer an, ob sie Probleme sehen, wenn sie am 24. Dezember ihren Laden geöffnet haben. Das wurde praktisch einstimmig verneint.
Aber auch viele Angestellte und Studenten sind froh, wenn sie einen Lohnzustupf von 50 Prozent erarbeiten können. Wir haben ja auch nicht bis 18 Uhr offen, sondern schliessen zwei Stunden früher. Auch deshalb werden wir genug Personal haben, um den Tag zu bestreiten.
Bis die Angestellten Zuhause sind, wird es vermutlich 18 Uhr. Ein grosses Menü für Gäste liegt da zeitlich nicht mehr drin.
Da appelliere ich an die Familien, mitzuhelfen und sich gegenseitig zu unterstützen. Für Mutter oder Vater ist es sicher auch einmal schön, wenn sie an den gemachten Tisch sitzen können. Ausserdem arbeiten bei uns verschiedene Nationalitäten, nicht alle feiern Weihnachten gleich, nicht allen ist dieser Abend gleich wichtig.
Und dennoch ist der 24. Dezember – Heiligabend – ein sehr emotionales Datum. Ein «Espresso-Hörer» fragt auf Facebook: «Ist denen eigentlich nichts mehr heilig?»
Es kommt darauf an, wann Heiligabend beginnt. Feierlich wird es erst am Abend. Am 24. Dezember besuchen uns viele Familien, die nicht nur Shoppen, sondern es geniessen, den Tag hier zu verbringen. Etwas essen, die Schlittschuhbahn nutzen und so weiter.
Dieses Bedürfnis schaffen Sie, indem sie offen haben. Ihre Kunden wären Ihnen vermutlich kaum böse, wenn sie am 24. Dezember zu hätten.
Der Detailhandel und insbesondere Shoppingcenter haben schwer zu kämpfen mit Einkaufstourismus und Onlinehandel. Da stecken Arbeitsplätze dahinter. In diesem Sinne kreiere ich kein Bedürfnis, sondern ich sorge dafür, dass wir in der wichtigsten Zeit des Jahres Umsatz machen können. Dies auch für unsere Läden und deren Mitarbeiter.
Wenn der Handel die Möglichkeit hat, seine Serviceleistungen anzubieten, dann sollte er auch die Chance dazu haben.
Es gibt Stimmen, unter anderem die Gewerkschaft Unia, die einen Sonntagsverkauf am 24. Dezember verbieten wollen. Was sagen Sie dazu?
Ein Verbot ist immer schlecht. Wenn der Handel die Möglichkeit hat, seine Serviceleistungen anzubieten, dann sollte er auch die Chance dazu haben. Immerhin handelt es sich um einen sehr grossen Wirtschaftszweig mit vielen Angestellten.
Ausserdem ist der 24. Dezember auch für das Amt für Wirtschaft des Kantons Zürich kein hochheiliger Feiertag. Der 25. Dezember hingegen schon, und an einem solchen Tag würden wir nie unsere Türen öffnen.
Was entgegnen Sie jenen, die Ihnen vorwerfen, es gehe Ihnen nur um den Umsatz?
Heutzutage ist es schwierig, grosse Umsätze zu erreichen. Und wenn ich die Möglichkeit dazu habe, möchte ich sie nutzen. Rund um unser Zentrum sind die Läden geschlossen. Dann muss man versuchen, für die Geschäfte, die hier arbeiten, das Bestmögliche herauszuholen.