SRG-Generaldirektor Gilles Marchand kündigte gestern an, 100 Millionen Franken pro Jahr sparen zu wollen – dies notabene direkt nachdem das Stimmvolk mit 71,6 Prozent Nein gesagt hat zu «No Billag». Da besteht Erklärungsbedarf. Fragen an SRF-Direktor Ruedi Matter:
SRF News: Man darf das Abstimmungsresultat als klares Bekenntnis zum zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk deuten. Ist eine Sparankündigung in diesem Moment nicht das falsche Signal?
Ruedi Matter: Das kann man so sehen, aber die Botschaft im Abstimmungskampf war ja auch, dass die SRG etwas kleiner werden und bescheidener auftreten muss. Die Vorgabe zum Sparen kam durch die Ankündigung des Bundesrates schon vor der Abstimmung: Das Gebührenaufkommen der SRG wird ab 2019 auf 1,2 Milliarden Franken plafoniert. Im letzten Jahr und in diesem Jahr sind das 50 Millionen mehr – also 50 Millionen ergeben sich alleine schon aus dieser Vorgabe.
Dazu kommt, dass die Werbeerlöse seit zwei, drei Jahren sinken. Diese Tendenz wird in allen klassischen Medien weitergehen. Daraus ergibt sich ein weiteres Sparvolumen von 30 Millionen Franken. Hinzu kommt auch die politische Vorgabe, dass die Besonderheit, die Unterscheidbarkeit des Angebotes der SRG nochmals ausgeprägter werden sollte. Deswegen sind weitere 20 Millionen einzusparen. Wir wollen fiktionale Eigenproduktionen steigern und auch den digitalen Wandel mitfinanzieren.
Die Diskussionen um den Abbau bei der SRG werden weitergehen – aus der Politik sind verschiedene Forderungen zu hören. Haben Sie mit der Ankündigung nicht zu viel Verhandlungsmasse preisgegeben?
Ich glaube, wir sind einfach ehrlich. Wir haben vor der Abstimmung gesagt, es gibt dieses Volumen von 80 bis 100 Millionen Franken. Zu diesem Volumen stehen wir – das werden wir einsparen müssen. Es gibt weitere Forderungen, die weit darüber hinausgehen. Ich habe vorhin einen Beitrag gehört, in dem es hiess, dass insgesamt nochmals eine halbe Milliarde Einsparungen hinzukämen. Das wäre dann natürlich ein Ende auf Raten.
Schauen wir uns das skizzierte Sparprogramm im Detail an: Der Generaldirektor Gilles Marchand spricht von einem Personalabbau. Heisst das, dass Mitarbeitende entlassen werden?
Das ist nicht auszuschliessen. Man kann ein Einsparvolumen in dieser Höhe nur erreichen, indem Stellen reduziert werden. Es geht eben nicht darum, das Programmangebot zu reduzieren. Es geht darum, die Erstellung des Programms effizienter zu machen. Wir arbeiten bei SRF schon lange daran. Aber das müssen wir wieder verstärkt angehen.
100 Millionen, das ist ein hoher Betrag. Das geht wohl nur, wenn sie Sendungen streichen oder Sender schliessen. Haben Sie da konkrete Vorstellungen?
Nein, es geht nicht darum, Sender zu schliessen. Die hohe Zustimmung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger und auch die Akzeptanz dieser Gebührenhöhe von 365 Franken pro Jahr, die kommt auch daher, dass das Publikum mit unseren Sendungen sehr zufrieden ist. Deswegen steht ein Abbau von Programmen nicht im Vordergrund. Wir haben signalisiert, dass wir bereit sind, über die Musikprogramme in DAB (SwissJazz, SwissClassic, SwissPop) zu reden. Wir sind bereit darüber zu reden, diese Programme auch an die Radiobranche zu verkaufen, wenn die Bereitschaft da ist. Aber an einen Abbau im grossen Stil ist nicht gedacht.
Infrastruktur und Immobilien sind ebenfalls auf der Liste der Bereiche, wo gespart werden soll. Denken Sie da auch an eine Zusammenlegung der Standorte?
Das ist ein Thema. In Zürich haben wir bereits angekündigt, dass wir eine Verschiebung des Radiostudios zum Fernsehstudio Leutschenbach überlegen. Das wird jetzt anzugehen sein.
100 Millionen sollen bei der SRG gespart werden. Wieviel davon trifft SRF?
Das ist noch nicht ganz klar, aber es wird natürlich ein substanzieller Betrag sein. SRF ist die grösste Unternehmenseinheit der SRG und damit wird es uns natürlich treffen.
Fast 72 Prozent haben Nein zu «No Billag» gesagt. Das muss doch für die SRG eine sehr starke Verhandlungsposition bedeuten.
Das ist eine gute Ausgangsbasis. Wir müssen aber auch anerkennen, dass das Abstimmungsresultat so zustande gekommen ist, weil viele «Nein, aber» gestimmt haben. Vielen war diese Abschaffungsinitiative einfach zu radikal. Wir müssen nun dieses «Aber» ergründen. Wir müssen den Dialog mit denen, die «Aber» gesagt haben, intensivieren.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.