Das Gleichstellungsgesetz schützt Angestellte vor Kündigungen aufgrund ihrer familiären Situation, der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts. Die meisten Betroffenen wenden sich als erstes an eine Schlichtungsstelle. In den meisten Fällen können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber dort einigen. Nur wenige Fälle werden bis vor Gericht gezogen.
Anzahl Fälle nahm leicht zu
Eine Analyse von «10vor10» zeigt, dass die Zahl der Fälle von diskrimierenden Kündigungen, die vor eine Schlichtungsstelle oder ein Gericht gebracht werden, in den letzten zehn Jahren leicht zugenommen hat. Analysiert wurde eine Datenbank der Gleichstellungsstellen, die alle Deutschschweizer Fälle erfasst. Betroffen sind vor allem Frauen.
In der Tendenz nahmen die Fälle seit 2007 leicht zu. Die 63 Fälle im Jahr 2017 sind möglicherweise damit zu erklären, dass noch nicht alle Fälle aus diesem Jahr in der Datenbank erfasst worden sind.
Dabei ist auch der Anteil der Fälle in Zusammenhang mit einer Mutterschaft leicht angestiegen. In den letzten Jahren betrifft dies oft mehr als die Hälfte aller Fälle.
Schwierige Beweisführung
Die Rechtsprofessorin Karine Lempen an der Universität Genf beschäftigt sich mit dem Gleichstellungsgesetz. Auch sie stellt fest, dass sich die Frauen heute häufiger wehren als früher. Trotzdem sei es immer noch schwierig, die Diskriminierung nachzuweisen. «Der Arbeitgeber kann immer argumentieren, dass der Frau gekündigt wurde, weil die Leistungen nicht stimmten oder weil gerade eine Umstrukturierung aus wirtschaftlichen Gründen anstand.»
Probleme mit tieferen Pensen
Es gebe relativ wenig problematische Fälle, erklärt Daniella Lützelschwab vom Arbeitgeberverband. «Wir haben rund zwei Millionen berufstätige Frauen. Da ist die Zahl, die vor Gericht landet, absolut gesehen nicht so hoch.» Auf der anderen Seite zeige sich auch, dass die Frauen, die sich ungerecht behandelt fühlten, ihre Rechte vor Gericht einklagen.
«Viele junge Mütter wollen ihr Pensum reduzieren und Aufgaben abgeben. Das heisst, andere im Team müssen diese Aufgaben übernehmen. Dazu sind nicht immer alle bereit», erklärt Lützelschwab. Sie betont aber auch: jede diskriminierende Kündigung sei eine zuviel.
Sechs Monatslöhne
Die maximale Entschädigung sind sechs Monatslöhne, die jemand erhalten kann, wenn er oder sie sich auf das Gleichstellungsgesetz beruft. «Oft sind es aber nur zwei bis drei Monatslöhne», relativiert Professorin Karine Lempen. «Zusätzlich besteht das Risiko, die Anwaltskosten der Gegenseite tragen zu müssen, wenn man verliert.» Finanziell lohne sich das also nicht immer.
Zudem ist nur etwa die Hälfte der Frauen erfolgreich, die sich wehrt. Um den Erfolg zu messen, wurden die Fälle zusammengezählt, die eine Entschädigung vor der Schlichtungsstelle erwirkten und vor Gericht Erfolg hatten.
Die Erfolgsquote schwankt von Jahr zu Jahr. In der Tendenz ist aber eine leichte Zunahme der erfolgreichen Fälle zu beobachten