Das Jungfraujoch im Berner Oberland ist weltberühmt. Aber: Auch eine Weltattraktion will vermarktet sein – in China anders als in Skandinavien, in den USA anders als in Korea. Keine einfache Ausgangslage für die Tourismusdestination.
Genau hier kommt das Programm des Berner Start-ups Hyll AG ins Spiel. Mittels künstlicher Intelligenz generiert dieses in Sekundenschnelle Texte für die Website und Instagram-Posts – in 180 Sprachen und angepasst auf die Bedürfnisse der jeweiligen Länder.
Zielpublikum noch gezielter ansprechen
Seit Anfang Jahr nutzen mehrere Tourismusdestinationen in der Schweiz dieses Angebot, darunter auch die Jungfrau-Region. «Wir wollen damit nicht mehr Gäste ansprechen, sondern jene, die wir haben wollen», erklärt Marc Ungerer, Geschäftsführer der Jungfrau Region Tourismus AG. Das seien die Gäste mit einer längeren Verweildauer.
Künstliche Intelligenz findet immer mehr Eingang in die Tourismusbranche. Zürich und Basel Tourismus etwa haben letztes Jahr auf ihren Webseiten einen Chatbot eingeführt, der die Gäste persönlich berät. Und bei Arosa-Tourismus können Interessierte mittels KI an einer Werbekampagne mitarbeiten.
Fehlende Daten und falsche Angaben
Die KI bringt für den Tourismus vielversprechende Chancen, so scheint es. Aber was taugt sie wirklich?
Potenzial haben diese Anwendungen laut SRF Digital-Experte Peter Buchmann vor allem, wenn es darum geht, einen einfachen Text in zwei bis drei Sätzen zusammenzufassen und zu übersetzen. «Dadurch nimmt die Arbeit ab und es bleibt mehr Zeit für anspruchsvollere Aufgaben.»
Beim Datensammeln hat der Tourismus keine besonderen Vorteile.
Es gibt jedoch ein Aber: «Die Sprachmodelle hinter KI-Anwendungen machen Fehler, lassen zum Beispiel bei der Zusammenfassung etwas weg oder erfinden im schlimmsten Fall etwas dazu, was nicht stimmt.» Dass das Matterhorn plötzlich im Berner Oberland steht oder das Berner mit dem Basler Münster verwechselt wird. Diese Schwäche müsse man immer im Hinterkopf behalten, sagt Peter Buchmann.
Hinzu kommt: Wer auf KI zurückgreifen will, braucht Daten. Und diesbezüglich habe der Tourismus keine besonderen Vorteile, erklärt Peter Buchmann. «Zwar gibt es Tourismus-Player, die Daten anhäufen können, etwa Buchungsplattformen. Aber bei einem kleinen Hotel ist das nicht der Fall.»
Michael Koch, Mitgründer des Start-ups Hyll, ist sich bewusst, dass KI-Anwendungen wie sein Tourismus-Programm Gefahren bergen, zum Beispiel falsche Angaben machen. Darum brauche es den Menschen auch weiterhin, betont er – und fügt an: «Es braucht aber auch die künstliche Intelligenz: Sie vereinfacht die Ferienplanung erheblich.»
Mensch überschätzt Maschine
SRF-Digital-Experte Peter Buchmann hingegen warnt davor, zu grosse Erwartungen an die KI zu stellen. «Vor zehn Jahren waren selbstfahrende Autos ständig in den Schlagzeilen und man hätte annehmen können, dass sie 2024 die Regel sind», sagt er. «Aber es kam anders, hinter dem Steuer sitzen immer noch Menschen.»
Wie KI im Tourismus am sinnvollsten eingesetzt werden kann, muss sich laut Buchmann noch zeigen. «Die Geschichte der KI-Forschung zeigt, die Fähigkeiten der Maschine werden zuerst einmal überschätzt.»