Auf den ersten Blick sieht der neue Milchviehstall am Landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrum (BBZ) Arenenberg aus, wie ein normaler Bauernhof. Dass der neue Stall für aktuell 52 Kühe und 7 Kälbern speziell ist, sieht man erst beim genaueren Hinschauen.
Es gibt im Stall der Zukunft einen Melkroboter, der 24 Stunden läuft. Der Roboter erkennt die Kuh, merkt, ob er sie melken muss oder nicht und ob die Milch für Kälber oder für andere Zwecke bestimmt ist. Die Kuh wird im Schnitt zwei bis drei Mal pro Tag gemolken.
Jede Kuh mit Sensor
Das Schlagwort heisst Big Data. Die Kühe sind gechippt, alle Daten werden gespeichert. Das gilt für die Bewegung der Kaumuskeln genau so, wie für ihr Gewicht. Jedes Mal vor dem Melken werden die Kühe gewogen. «Die Kühe gehen gut damit um», sagt Betriebsleiter Hansjörg Hauser.
Es ist für die Kuh angenehm, dass der Melkroboter nie schlechte Laune hat.
Der Melkroboter mache es besser als der Mensch, ist Hansjörg Hauser überzeugt: «Der Roboter ist nie hässig oder schlecht gelaunt und weiss über die Kuh bestens Bescheid.» Das sei für die Kuh angenehm. Das Melken sei für sie so immer gleich.
Futter, Mist und Weidetor – alles funktioniert vollautomatisch
Putzdienst hat im Milchviehstall der Zukunft ein Entmistungsroboter. Er saugt auf den Laufflächen den Kot und den Urin der Kühe weg. Es surrt, pfeift und spritzt.
Auch die automatische Kompostierung spielt im Stall eine grosse Rolle. Die Kühe können auf einer grossen Fläche mit einer 60 cm dicken Schicht aus Sägemehl liegen. Zusammen mit dem Kot und Harn soll sich das Gemisch dort von alleine kompostieren.
Das Gemisch von Sägemehl, Kot und Urin muss allerdings durchlüftet werden, da sich sonst Bakterien bilden, die für die Euter der Tiere schlecht sein könnten. Deshalb muss das Sägemehl täglich gelockert und neu verteilt werden.
Kompostierung funktioniert nur, wenn Luft dazu kommt.
Weitere Kernstücke des Stalls sind ein automatischer Futterzuschieber und ein automatisches Weidetor. Die Kühe können über eine Brücke jederzeit auf die Weide.
Der Weg zur Weide bleibt für die Kuh zu, wenn es Zeit zum Melken wäre. Für die Besucherinnen und Besucher gibt es im Stall eine Besuchertribüne.
Der neue Stall steht in unmittelbarer Nähe zu den Schulzimmern. «Das BBZ Arenenberg will selber das Lehrgeld für eine solche Umstellung bezahlen», sagt Direktor Martin Huber. «Das sollen nicht die 950 Milchbauern im Thurgau machen müssen». Und es brauche Visionen, fügt der Leiter der Milchproduktion, Michael Schwarzenberg an.
Wiesen muss man veredeln, deshalb braucht es Visionen.
Im Kanton Thurgau gibt es immer weniger Milchbetriebe. Diese sind dafür tendenziell grösser. Die Wiesen müsse man auch in Zukunft nutzen und über Milch veredeln, ist der Leiter Milchproduktion am BBZ Arenenberg, Michael Schwarzenberg, überzeugt. «Die Investition in diese Technik lohnt sich», sagt Schwarzenberg, auch wenn sich die Essgewohnheiten der Menschen verändere – Stichwort Trend zu Hafermilch und Co. Er rechnet damit, dass vor allem jüngere Bauern und Bäuerinnen auf die neuen Technologien setzen werden.