Viel Prominenz war am 31. Juli 2017 angereist, um den aussergewöhnlichen Theaterbau einzuweihen. Selbst Bundesrat Alain Berset liess es sich nicht nehmen, bei der Eröffnungsfeier dabei zu sein.
Von Anfang an war klar: Der Turm bleibt ein Gastspiel auf Zeit. Die temporäre Bewilligung für den Bau läuft bald aus, die letzte Vorstellung ist am 31. August geplant. Danach wird der Turm abgebrochen.
Die Erfahrungen mit der Spielstätte auf 2284 Metern über Meer seien aber derart positiv gewesen, dass man nun nicht einfach alles hinter sich lassen möchte. Dies sagte Origen-Intendant Giovanni Netzer, bei der Präsentation seiner neusten Idee.
Den Erfolg des alten Turms weiterführen
Der Turm auf dem Pass zwischen dem Oberhalbstein und dem Engadin habe laufend mehr Besucherinnen und Besucher angezogen, er sei zu einer festen Grösse in der Bündner Kulturlandschaft geworden und er habe eine Strahlkraft entwickelt, die weit über den Kanton hinausgehe.
«Wir haben gemerkt, dass ein grosses Netz entstanden ist in die Tanz- oder die Gesangswelt», sagt Netzer, «es waren europäische Momente, die wichtig waren in diesem Turm.»
Die Geschichte will Netzer jetzt mit einem neuen Turm weiterschreiben. Entstehen soll ein permanentes Kulturhaus mit neun Stockwerken. Das Projekt trägt den Titel «Ospizio». Der Name ist Programm, der Bau soll an die Tradition von Passhospizen erinnern.
Nebst Theater, Tanz und weiteren kulturellen Veranstaltungen, soll der Turm den Besucherinnen und Besuchern auch ein Restaurant bieten. In zwölf Zimmern soll übernachtet werden können. Der Bau würde aus Dreieckskörpern bestehen. Die nach unten zeigenden Spitzen nehmen die umliegende Landschaft auf und erinnern an umgedrehte Bergspitzen.
Idee im Gegenwind
Der geplante Turm wäre mit 55 Metern rund 25 Meter höher als der jetzige. Aktuell rechnet Origen mit Kosten von 25 Millionen Franken. Der Bau soll eine dauerhafte Bewilligung erhalten. Genau dies stösst Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, sauer auf.
Den jetzigen temporären Turm, der als reine Spielstätte konzipiert wurde und eng an Origen geknüpft sei, habe er sehr gut gefunden. Bei der jetzigen Idee, weit weg von einer Bauzone, gibt sich Rodewald kritisch: «Ich wüsste nicht, unter welchem Stichwort so etwas bewilligt werden könnte.»
Rodewald befürchtet, dass ein dauerhafter Turm mit Übernachtungsmöglichkeiten der Anfang von mehr sein könnte. Sollte die Kulturstiftung dereinst den Turm nicht mehr nutzen, sei die Gefahr da, dass die neuen Betreiber zusätzliche Bauten planten. Weiter stellt Rodewald die Frage in den Raum, ob mit einer Baubewilligung nicht ein Präjudiz für andere, ähnliche Orte geschaffen würde.
Giovanni Netzer ist sich der grossen Hürden des Projekts bewusst. «Vielleicht ist es so, dass man am Schluss sagen muss, es geht nicht.» Viele Fragen seien in dieser frühen Phase des Projekts noch offen. Es brauche sicher eine Diskussion und «diese wollen wir nun auch breit führen.»