- 2014 verstarb eine Frau während der Geburt ihres Kindes im Bethesda-Spital in Basel.
- Ihr Neugeborenes kam mit Hirnschäden zur Welt, weil es während 28 Minuten zu wenig Luft bekam.
- Zwei Ärzte und eine Hebamme wurden jetzt vom baselstädtischen Strafgericht freigesprochen.
- Wegen geringfügiger fachlicher Unkorrektheiten muss jedoch ein Gynäkologe einen Teil der Verfahrenskosten tragen.
Angeklagt waren ein heute 71-jähriger Gynäkologe, ein 69-jähriger Anästhesist und eine 71-jährige Hebamme. Vorgeworfen wurde den Ärzten fahrlässige Tötung. Die Staatsanwaltschaft taxierte ihr Verhalten während der schwierigen, stundenlangen Geburt im Spital als fehlerhaft. Dafür forderte sie bedingte Freiheitsstrafen von 14, respektive 13 Monaten.
Das Verfahren gegen die Hebamme wollte die Staatsanwaltschaft wegen geringen Verschuldens und der langen Verfahrensdauer einstellen. Das Gericht lehnte dies ab, um der Frau ebenfalls ein Urteil zu ermöglichen – und sprach sie nun frei.
Grosser Blutverlust, weil Gebärmutter riss
Die bereits mehrfache Mutter erlitt während dieser Geburt schwere innere Blutungen, was die Beteiligten zu spät bemerkten. Die Frau starb trotz einer Notoperation. Ihre Tochter musste reanimiert werden und erlitt schwere Hirnschäden wegen Sauerstoffmangels.
Die Reanimation des Kindes erforderte zeitweise die volle Aufmerksamkeit der Beteiligten. So wurde der Riss der Gebärmutter, der zum grossen Blutverlust führte, spät festgestellt. Für das Gericht behandelten die Beteiligten das Kind der Situation angemessen. Der Gynäkologe hätte jedoch bei der Mutter unter anderem schneller ein Ultraschallbild machen und eine spezielle OP-Beleuchtung nutzen sollen. Ob die Mutter so überlebt hätte, sei jedoch offen, so das Gericht.
Der Fall wurde seit Ende Oktober am Strafgericht verhandelt. Weil die Frau am 1. März 2014 gestorben war, wären die angeklagten Tatbestände genau zehn Jahre danach verjährt. Darum hat das Strafgericht seine Urteilsverkündigung auf den 29. Februar 2024 gelegt, dem letztmöglichen Termin davor.
Keine Verzögerungstaktik
Die Staatsanwaltschaft hatte denn auch den Verteidigern vorgeworfen, den Fall zu verzögern, um mit einer Verjährung eine Verurteilung zu verhindern. Diese konterten, die Staatsanwaltschaft habe schleppend gearbeitet und ungenügend ermittelt. Das Strafgericht erkannte keinen Missbrauch des Beschwerderechts.
Der anfangs zuständige Staatsanwalt musste wegen Befangenheit ausgetauscht werden. Seine Nachfolge in den komplexen Fall einzuarbeiten kostete Zeit.
Die beiden Ärzte wiesen sich vor Gericht gegenseitig Schuld zu. Überdies waren Gutachten widersprüchlich. Die fünf Richterinnen und Richter vertagten ihr Urteil und bestellten ein Obergutachten. Anhand dessen kamen sie nun zu den Freisprüchen.
Weiterzug möglich
Der Fall weckte sehr grosses Interesse. Die Publikumsplätze im Gerichtssaal waren bei der Urteilsverkündigung voll besetzt. Zudem wurde sie in einen ebenso vollen Nebensaal übertragen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob es die Staatsanwaltschaft oder Privatkläger ans Appellationsgericht weiterziehen, ist offen. Verjährung ist dabei kein Thema mehr.