- Die Schweiz hat mit vielen Staaten bereits ein Freihandelsabkommen. Nur: Die Schweizer Bauern wurden bisher geschützt.
- Die südamerikanischen Mercosur-Staaten wollen jetzt aber freie Einfuhr für ihre landwirtschaftlichen Produkte.
- Die Schweizer Bauern sehen schwarz, die Exportwirtschaft hingegen hofft auf neue Märkte.
- Was ist uns wichtiger: Der Schutz der Bauern – oder Chancen für die Wirtschaft?
«Wir haben grosse Sorge, denn der Bundesrat will uns die Existenz nehmen und das können wir uns nicht bieten lassen.» Mit diesen harten Worten eröffnete Bauernverbands-Präsident und Nationalrat Markus Ritter (CVP/SG) die teils sehr hitzige Debatte. Dabei klagte er vor allem, dass der Bundesrat eine Gesamtschau der Agrarpolitik präsentiert hat, welche zuvor gar nicht mit dem grössten Dachverband der Landwirtschaft besprochen hat. Wenn es nicht möglich sei als einer der grössten Dachverbände mit der Bundesregierung im kleinen Kreis zu sprechen, dann habe der Bundesrat ein Problem.
Wir haben grosse Sorge, denn der Bundesrat will uns die Existenz nehmen.
Tatsache aber ist, dass der Bauernverband Gespräche mit dem Bundesrat bei der Präsentation der Gesamtschau verweigert hat. Und dies sei unschweizerisch, meinte die Berner FDP-Nationalrätin Christa Markwalder: «Wir müssen die Gesamtzahlen anschauen. Die Landwirtschaft wird mit 3,7 Milliarden Steuer-Franken jährlich unterstützt. Hinzu kommt ein Grenzschutz von 3,5 Milliarden Franken», erklärte Markwalder und prangerte einen Mangel an Innovationskraft an. Patrick Dümmler von Avenir Suisse doppelte hier nach und forderte mehr Vertrauen: «Man sollte viel mehr Vertrauen in die Innovationskraft auch in diesem Sektor haben.»
Eine mangelnde Unterstützung im Parlament könne die Landwirtschaft nicht beklagen, meinte wiederum Markwalder: «Im Nationalrat finden alle bauernfreundlichen Vorstösse Anklang.»
Man sollte viel mehr Vertrauen in die Innovationskraft auch in diesem Sektor haben.
Nationalrätin Maya Graf (Grüne/BL) kam dann zurück zur Gesamtschau der Agrarpolitik des Bundesrates und gab zu: «Ja, die Landwirtschaft erreicht die Umweltziele nicht. Das heisst, wir haben hier Aufgaben nach Innen zu machen.»
Auf der anderen Seite stellte Graf fest, dass der Bundesrat nicht gesagt habe, wie die Ziele umzusetzen seien und bringt stattdessen eine Freihandels-Diskussion ins Spiel, die auch schwierig sei. «Eine Grenzöffnung allein löst das Problem nicht. Im Gegenteil, sie kann sogar eine industrialisierte Landwirtschaft fördern, nämlich dann, wenn die Preise noch einmal gesenkt werden müssen.»
Patrick Dümmler meinte wiederum, dass ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten nicht das Ende von allem sei. Man müsse nicht nur Rücksicht auf die Bauernfamilien, sondern auch auf die Konsumenten nehmen. Diese seien froh, wenn sie das landwirtschaftliche Produkt billiger bekommen. «Es wird nicht eine Katastrophe für die Landwirtschaft, man darf die Innovationskraft der Bauern nicht unterschätzen,» betonte der Forschungsleiter bei Avenir Suisse.
Eine Grenzöffnung allein löst das Problem nicht, im Gegenteil, sie kann sogar eine industrialisierte Landwirtschaft fördern, nämlich dann, wenn die Preise noch einmal gesenkt werden müssen.
Markus Ritter liess sich nicht von der Vorstellung abbringen, dass der Bundesrat den Bauernstand eliminieren will: «Der Bundesrat hat vorgegeben: 2,6 Prozent Strukturwandel. Von 1700 Betrieben, die wir jährlich weitergeben könnten, plant der Bundesrat, dass 1300 Betriebe aufgegeben werden sollen.»
Christa Markwalder konterte, dass niemand die Landwirtschaft abschaffen wolle. «Wir wollen aber eine Wahlfreiheit und wir wollen uns nicht vorschreiben lassen, was auf den Tisch kommt.» Der Landwirtschaftssektor solle sich weiterentwickeln damit er weniger Unterstützung und Grenzschutz braucht. «Der Bundesrat stellt uns an die Wand», meinte wiederum Markus Ritter.
Wir wollen aber eine Wahlfreiheit und wir wollen uns nicht vorschreiben lassen, was auf den Tisch kommt.
In einem anderen Aspekt wurde die Industrie beleuchtet, welche bei einem Freihandels-Abkommen mit den Mercosur-Staaten profitieren würde. Patrick Dümmler betonte, dass eher die Industrie auf der Schlachtbank sei und nicht die Landwirtschaft. «Denn die Zölle gehen zulasten der Wettbewerbsfähigkeit und wenn dieses Hemmnis andere Länder eliminieren können, dann haben wir ein Problem.»
«Der Bundesrat soll mit Mercosur verhandeln aber nicht zu Lasten der Landwirtschaft. Der eine Sektor soll nicht durch den anderen ausgespielt werden», konterte Markus Ritter. Beim Mercosur-Abkommen wolle der Verbandspräsident zunächst sehen, was die EU abgemacht habe. Erst dann könne er einschätzen, ob die roten Linien des Bauernverbandes überschritten wurden oder nicht.
Zum Schluss wurde über zwei landwirtschaftlich geprägte Initiativen diskutiert. Bei der Fairfood-Initiative gehe es um sichere Lebensmittel mit guter Qualität, erklärte Maya Graf. Patrick Dümmler grätschte hier ein und meinte, dass mit der Initiative Rechtsimperialismus betrieben werde: «Wir wollen anderen Ländern vorschreiben, wie sie produzieren sollen.»
Bei der Initiative für Ernährungssouveränität gehe es um fairen Handel, wie Fabian Molina vom Initiativkomitee erklärte. «Jedes Land soll selber entscheiden, was produziert wird. Ein Paradigmenwechsel muss her,» erklärte der baldige Nationalrat. Dies war wiederum für Christa Markwalder zu viel Protektionismus. Die Initiative möchte den Zollschutz stärken und dies sei nicht gut.