Mittwoch, 30. August 2023. Auf einem Feld in Galmiz FR treffen sich Eva Wyss, David Bittner, Thomas Wyssa und Viktor Hämmerli. Wyss ist vom WWF, Bittner vom schweizerischen Fischereiverband, Wyssa und Hämmerli sind Bauern in Galmiz.
Wyss und Bittner haben eine Vision. Bis 2050 wollen ihre Verbände zusammen mit Birdlife Schweiz, Pro Natura und der Stiftung Landschaftsschutz das Seeland radikal verändern.
Sie haben ihre Ideen am 24. August vorgestellt und treffen sich nun mit zwei Landwirten, um zu reden. Doch was wollen sie genau?
Flächen, die heute bebaut werden, würden renaturiert. Moorböden sollen revitalisiert und Feuchtgebiete geschaffen werden. Hecken und Tümpel sollen entstehen, und die Flussläufe sollen sich wieder durch die Landschaft schlängeln.
Daneben soll auf der verbleibenden Fläche statt Futtermais für Tiere, Gemüse für den Menschen wachsen - so die Vision. Kulturen wie Hülsenfrüchte oder Reis sollen Teile der Felder füllen.
«Die aktuelle Landwirtschaft im Seeland ist eine Sackgasse»
Doch wieso das? Dem Land zwischen Murten-, Bieler- und Neuenburgersee gehe es schlecht, so die Umweltverbände.
Die Torfböden bauten sich ab, die Landschaft verarme und die Biodiversität sei gering. Zudem sei das Grundwasser mit Pestizidrückständen belastet.
Die aktuelle intensive Landwirtschaft löse die Probleme nicht, sondern verschlimmere sie. Man laufe in eine Sackgasse.
Bauern fühlen sich unverstanden
Zurück auf dem Feld. Bauer Viktor Hämmerli reagiert auf die Vision: «Wir müssen am Markt mit dem Ausland mithalten, da können wir nicht einen Tümpel hier und einen da stehen haben.» Sie könnten so nicht wirtschaftlich arbeiten.
Wir sind weder rückständig noch Hinterwäldler, auch wir schauen zur Natur
Auch Thomas Wyssa findet die Vision schwierig: «Leute, die unser Gebiet nicht kennen, wollen uns jetzt sagen, wie wir unser Land bestellen sollen.» Man setze sich bereits jetzt für die Umwelt ein.
100 Hektare hätten sie bereits für Biotope abgegeben. Das sei so viel, dass man die Biotope bereits jetzt nicht mehr sorgfältig pflegen könne. Man tue sein Bestes: «Wir sind keine Hinterwäldler und auch nicht rückständig. Wir schauen zur Natur», sagt Thomas Wyssa.
Ernährungssicherheit geht nur mit guten Böden und sauberem Wasser.
Zudem erwarte man von ihnen, dass sie in der Schweiz für Ernährungssicherheit sorgten, fügt Thomas Wyssa hinzu. Eva Wyss kontert: «Ernährungssicherheit ist nur mit guten Böden und sauberem Wasser möglich, und in einer Umwelt, in der die Natur Platz hat.»
Die beiden Bauern sind sich einig. Gute Böden wollen sie auch: «Der Boden ist unsere Existenzgrundlage, wir schauen gut zu ihm», sagt Thomas Wyssa, nimmt eine Handvoll Erde und zeigt sie in die Runde.
Es braucht Kompromissbereitschaft
David Bittner versucht, eine Brücke zu schlagen: «Wir haben lediglich eine Vorstellung entwickelt. In der ganzen Vision steht nicht eine einzige konkrete Massnahme. Diese wollen wir jetzt zusammen erarbeiten.»
Die beiden Landwirte seien bereit dafür: «Es gibt keinen offeneren Typ Mensch, als den Gemüseproduzenten im Seeland.», sagt Thomas Wyssa, und Viktor Hämmerli nickt zustimmend.
Obwohl die beiden Parteien einen Schritt aufeinander zugemacht haben, stellen sie sich die Zukunft doch anders vor: Während sich Eva Wyss die Vision wünscht, hofft Viktor Hämmerli, dass es 2050 noch genauso aussieht wie heute.
Wie es im Seeland in knapp 30 Jahren aussehen wird, hängt wohl vor allem von der gegenseitigen Kompromissbereitschaft ab.