Von aussen deutet nichts darauf hin, dass in diesem ehemaligen Bauernhaus am Rande von Uetendorf ein Bundesratsehepaar lebt: keine Vorhänge, keine hohen Hecken, dafür ein Pferd, das gwunderig ums Eck äugt.
Noch bevor man klingeln kann, kommt Theres Rösti in Sportkleidung und Finken angelaufen. Der Hauseingang ist videoüberwacht, darum weiss sie frühzeitig, wann Gäste kommen.
Zweitwohnung in Bern
«Als mein Mann Bundesrat wurde, bekam unser Haus ein Sicherheitsupgrade», sagt sie und fügt an: «Ich, die vorher nie eine Tür abgeschlossen hatte, musste mich an einiges gewöhnen.»
Sie führt in die Stube, setzt sich an den grossen Holztisch und beginnt zu erzählen, was sich in ihrem Leben verändert hat, seit ihr Mann Bundesrat wurde.
«Einschneidend war der Entscheid für eine Zweitwohnung in Bern», sagt sie dann. «Als mein Mann mit dieser Idee kam, hatte ich zuerst Angst, die Distanz würde etwas mit uns machen.» Aber heute könne sie sagen: «Es hat sich gelohnt.»
Durch die Stadtwohnung entfällt die halbstündige Autofahrt nach Uetendorf – das Paar gewinnt Zeit für sich. Zeit, die nicht durch lästige Alltagsarbeiten unterbrochen wird, wie das im Haus der Fall wäre.
60 Prozent Flugbegleiterin
Dass ihr Mann nur noch selten zu Hause ist, stört Theres Rösti nicht. Weil sie selbst oft unterwegs ist. Sie arbeitet 60 Prozent als Flugbegleiterin bei der Swiss.
Die meisten Passagiere finden es gut, dass ich einen normalen Job mache.
Aus Sicherheitsgründen ist sie nicht mit «Rösti» angeschrieben. Aber manche Fluggäste erkennen sie trotzdem. «Die meisten Passagiere finden es gut, dass ich einen normalen Job mache.» Man habe sie auch schon darum gebeten, ihrem Mann etwas auszurichten. «Aber ich bin keine Vermittlerin.» Sie reiche dann einfach die Mailadresse zum Büro ihres Mannes weiter.
Sie definiere sich nicht über ihren Mann, sagt Theres Rösti. «Ich will mir alles selbst erarbeiten.» Dass sie für manche einfach «das Anhängsel des Bundesrats» ist, stört sie nicht: «Sie kennen mich ja nicht persönlich.»
In Stallstiefeln und Pumps
Theres Rösti persönlich – das ist eine Frau, aus der die Worte offenherzig heraussprudeln. Eine, die sich in Stallstiefeln genauso wohlfühlt wie in Pumps. Eine, die an das Gute im Menschen glaubt und bei einem flapsigen Spruch denkt: «Das war bestimmt nicht so gemeint» – anstatt sich aufzuregen.
Im Alltag vergesse sie oft, dass ihr Mann Bundesrat sei, sagt Theres Rösti. Weil sie schlicht keine Zeit für diesen Gedanken hat. Neben mehreren Langstreckenflügen pro Monat macht sie eine Pilates-Weiterbildung, versorgt ein Pferd und ein Pony.
Pferdeshow statt roter Teppich
Die Tiere sind ihr wichtig. Als Albert Rösti vor einem Jahr Bundesrat wurde, stand sie zwei Stunden nach der Wahl schon wieder im Stall. «Meinen Pferden ist es egal, dass Albert gerade zum Bundesrat gewählt wurde – sie wollen ihr Futter», sagte sie damals. Und wenn sie sich heute zwischen einem Auftritt auf dem roten Teppich und einer regionalen Pferdeshow entscheiden müsste – es wäre zweiteres.