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«Ich konnte ein selbständiges Leben führen»
Aus Regionaljournal Zentralschweiz vom 02.09.2024. Bild: SRF/ Mirjam Breu
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Leben im Kloster Baldegg Das Kloster gab Schwester Hildegard Freiheit

Vor 60 Jahren gab Schwester Hildegard ihr Gelübde ab. Das Kloster Baldegg gab ihr die Möglichkeit, sich zu bilden.

Das Bauernmädchen Klara Willi aus Ettiswil im Kanton Luzern hatte schon immer grosse Ziele. Dass sie einmal zur Schwester Hildegard wird, war anfänglich keines davon. Doch den Weg, den sie beschreiten wollte, führte damals nicht am Kloster vorbei.

Aber von Anfang an: Klara Willi wuchs auf einem Bauernhof auf. Sie war eines von acht Geschwistern. Irgendwann fragte sie sich, wie ihr Leben eigentlich mal aussehen soll. Der vorgespurte Weg, den sie sah, gefiel ihr nicht, erinnert sich die heute 85-Jährige: «So wie meine Mutter? Acht Kinder auf einem Bauernhof? Sieben Tage in der Woche? Nein, sicher nicht.» Auch das Leben aller anderen Frauen in ihrer Umgebung ähnelten dem ihrer Mutter. Und so wie die ledige Tante die Pfarrköchin geworden ist, wollte sie auch nicht enden.

Ab ins Kloster mit 25

Klara Willi entschied sich, Lehrerin zu werden und trug diesen Wunsch dem Vater vor. Der fragte sie, in welche Klosterschule sie gehen möchte: nach Baldegg oder nach Menzingen. «Ich will doch nicht in eine Klosterschule! Ich will ans städtische Seminar in Luzern», erwiderte der Teenager dem Vater. Doch das ging nicht. Der konservative Bauer war überzeugt, dass seine Tochter vom Land an einer liberalen Schule in der Stadt nicht aufgenommen wird.

Für mich war es in dieser Zeit das Allerbeste, was mir passieren konnte.
Autor: Schwester Hildegard

Die Wahl fiel darum auf das Lehrerinnenseminar Baldegg. Dieses wurde von den Baldegger Schwestern, einem franziskanischen Orden, der sich in erster Linie der Bildung junger Frauen verschrieben hatte, geführt.

Mit 25 Jahren trat sie ins selbige Kloster ein, legte ihr Gelübde ab und wurde zur Schwester Hildegard. «Ich konnte ein selbstständiges Leben führen. Natürlich hat das seinen Preis gekostet. Trotzdem war es für mich in dieser Zeit das Allerbeste, was mir passieren konnte.»

Schwester Hildegard arbeitete als Lehrerin. Doch sie wollte mehr: wollte studieren und Psychologin werden. Das Kloster Baldegg ermöglichte ihr das Studium: «Die Kolleginnen und Kollegen im Studium sagten mir manchmal, wie schön ich es habe. Ich müsse mich nicht um die Finanzen kümmern. Und sie hatten recht. Ich konnte sorgenlos studieren.»

Sie lebte kein abgeschiedenes Leben hinter den Klostermauern. Im Gegenteil: Sie konnte ins Ausland – studierte in England und später in Hamburg.

Coach, Supervisorin, psychologische Beraterin

Schwester Hildegard machte Karriere: Sie leitet das Lehrerinnenseminar Baldegg, baute das Bildungshaus Stella Matutina in Hertenstein auf und ist bis heute als Coach, Supervisorin und psychologische Beraterin tätig.

Das Kloster Baldegg sieht nicht aus wie ein Kloster. Es ist ein moderner Betonbau.
Legende: Das Kloster Baldegg sieht gar nicht recht nach Kloster aus. Vor gut 50 Jahren wurde der Neubau errichtet – vom bekannten Architekten Marcel Breuer. SRF/ Lea Schüpbach

Das Leben im Kloster hat sich in diesen 60 Jahren stark verändert. Als Schwester Hildegard ins Kloster eintrat, war sie die 1018. Baldeggschwester – heute sind es noch rund 150. Wäre sie heute 25, würde sie nochmals ins Kloster eintreten? «Nein, sicher nicht», sagt Schwester Hildegard ohne zu zögern und fügt hinzu: «Aber für mich ist es rückblickend der beste Weg gewesen.»

Klare Vorstellungen bis in den Tod

Schwester Hildegard schaut auf ein reiches Leben zurück. Mit 85 rückt auch das Thema der Endlichkeit näher. Sie habe keine Angst vor dem Tod, sagt sie.

Ich möchte gesund sterben und ein bisschen rassig.
Autor: Schwester Hildegard

Aber so wie sie eine klare Vorstellung ihres Lebens hatte, hat sie auch eine für den Tod: «Ich will nicht auf dieser Welt übrigbleiben. Trotzdem habe ich Respekt vor dem Sterben. Ich möchte gesund sterben und ein bisschen rassig.» Ihre Mitschwestern sagen ihr jeweils, dass sie das nicht auch noch selber bestimmen könne. Darauf antworte sie dann: «Aber ich kann mit meinem Herrgott reden.»

Regionaljournal Zentralschweiz, 30.8.2024, 17:30 Uhr ; 

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