Lebensmittelverluste - Foodwaste: Darum steht das Ziel des Bundes auf der Kippe
Bis 2030 will der Bund die riesigen Lebensmittelverluste in der Schweiz von rund 2.7 Millionen Tonnen halbieren. Doch schon das Zwischenziel ist in Gefahr.
Immer wieder gelangt frisches Gemüse nicht in den Verkauf, weil es zu gross oder zu krumm ist oder Flecken aufweist. Diesen November sorgte ein Fall für Aufsehen. Mehrere Tonnen Demeter-Karotten kamen retour auf den Bauernhof im Kanton Zürich, weil sie den Vorgaben nicht entsprachen.
Das muss eine Schweizer Karotte können:
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Mindestanforderungen:
Sauber
Frei von Erdbesatz (ausgenommen Knollen/Wurzeln ungewaschen)
sortentypisch
gesund
von frischem Aussehen
der jeweiligen Jahreszeit entsprechend normal entwickelt und erntereif
von ausgeprägter Farbe entsprechend der Sorte und der Erntezeit
frei von übermässiger äusserer Feuchtigkeit, in gewaschenem Zustand abgetropft
frei von fremdem Geruch und Geschmack
frei von Frostspuren und Witterungsschäden
frei von tierischen und pilzlichen Schädlingen und deren Schäden
frei von Druckstellen und Beschädigungen aller Art
frei von Fäulnis
Besondere Bestimmungen:
Laub sauber entfernt
sortentypisch und gleichmässig in Form und Farbe
Nicht deformiert
Ohne Flecken und Verfärbungen
Nicht gebrochen, nicht angeschnitten
Fest
Vereinzelt grüne oder blau-rote Köpfe bis 1 cm tief, höchstens aber 20 Prozent des Gewichts
Grösse:
1. Grösse: Gewicht pro Stück 40 – 200 g
Länge maximal 24 cm
2. Grösse: Gewicht pro Stück: über 200 g
Gleichmässigkeit:
Die Kalibrierung innerhalb eines Packstücks muss so homogen sein, dass der gute Gesamteindruck nicht beeinträchtigt wird.
Toleranzen:
Die Grössen- und Qualitätstoleranz beträgt gesamthaft 10 Prozent nach Stückzahl oder Gewicht.
Quelle: Schweizerische Qualitätsbestimmungen für Gemüse, qualiservice.ch
Jedes Jahr werden in der Schweiz rund 2.8 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen, wie eine
Studie der ETH Zürich
besagt. Davon sind 250'000 Tonnen Frischgemüse wie Karotten.
Der Bundesrat will zusammen mit dem Detailhandel, der Gastronomie, den Haushalten oder den Gemüseproduzenten die vermeidbaren Verluste von allen Lebensmitteln bis ins Jahr 2030 halbieren. Massstab ist das Jahr 2017. Damals waren es 2.67 Millionen Tonnen. Dazu hat der Bundesrat einen
Aktionsplan
verabschiedet. Das Bundesamt für Umwelt koordiniert die Umsetzung.
Wer gegen Lebensmittelverschwendung mitmacht
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Aldi Suisse AG
Bigler AG
Bio Suisse
Compass Group (Schweiz) AG
Coop Genossenschaft
Danone AG
Denner AG
Eldora AG
Emmi AG
fenaco Genossenschaft
Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (fial)
GastroSuisse
Genossenschaft ZFV-Unternehmungen
Hiestand Schweiz AG
HotellerieSuisse
IKEA Switzerland
Lidl Schweiz AG
Manor AG
Migros-Genossenschafts-Bund
Nestlé Suisse S.A.
Novae Restauration SA
Orior AG
Pflegezentrum im Spitz, Kloten
Pistor AG
Proviande Genossenschaft
Schweizer Bäcker-Confiseurmeister-Verband (SBC)
Sodexo (Schweiz) AG
SV (Schweiz) AG
Swiss Association of Nutrition Industries (SANI)
Swiss Retail Federation
Swisscofel
Swisspatat
Unilever Schweiz GmbH
Valora Group
Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP)
Volg Konsumwaren AG
Damit dieses Halbierungsziel bis 2030 erreichbar bleibt, müsste sich gemäss Bafu bereits 2025 eine Reduktion von rund 25 Prozent abzeichnen.
Schon das Zwischenziel wird vielleicht nicht erreicht
Doch das Bundesamt teilt mit: «Wir können noch nicht beurteilen, ob der Richtwert für die gesamten Lebensmittelverluste der Schweiz, die Reduktion um 25 Prozent, erreicht wird.» Die Einschätzung sei komplex. Wird dieses Zwischenziel nicht erreicht, ist die Halbierung infrage gestellt.
Das Bundesamt für Umwelt teilt weiter mit, dass das Engagement der Unternehmen und Verbände, die sich zu dieser Halbierung bekennen, hoch sei. «Ebenso ist es die Motivation zur Reduktion von Lebensmittelverlusten.»
Detailhändler sind zuversichtlich
Beteiligte wie Aldi Suisse, Denner oder Manor betonen denn auch: Man sei auf Kurs. Die Rettung von Lebensmittel liege ihnen am Herzen, schreibt Aldi Suisse. Sie hätten die Lebensmittelverluste – nicht nur beim Gemüse – seit 2022 «kontinuierlich senken können». Konkrete Zahlen zum Fortschritt teilt die Medienstelle von Aldi Suisse jedoch nicht mit.
Auswahl von Massnahmen gegen Lebensmittelverschwendung:
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Spenden von nicht mehr verkäuflichen Lebensmitteln an gemeinnützige Organisationen steigern
Deklaration der Haltbarkeit auf Endprodukten verbessern
Packungen, Packungsgrössen und Verkaufsformen optimieren
Pilotprojekte zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten werden mit den bestehenden Förderinstrumenten unterstützt
Auch Denner schreibt, die Foodwaste-Quote sei schon gesunken und sie werde «dank ambitionierten Zielen weiter sinken». Mit immer neuen Massnahmen nähere man sich der Halbierung an. Und eine Mediensprecherin von Manor teilt mit, dass man sich stark für den Aktionsplan gegen die Lebensmittelverschwendung einsetze. Alle angefragten Detailhändler weisen dann auch auf ihre Projekte zur Verringerung von Lebensmittelverlusten hin.
Gelockerte Vorgaben für Gemüse
Zurück zu den Karotten, die den Vorgaben für den Verkauf nicht entsprachen: Der Verband Schweizer Gemüseproduzenten kann nichts darüber sagen, ob Verluste von Lebensmitteln seit Beginn des Aktionsplans im Jahr 2022 weniger geworden sind. Ob das Ziel Halbierung erreicht wird? Dazu lasse sich keine Aussage machen.
Für den Verband der Gemüseproduzenten ist jedoch klar: Soll weniger frisches Gemüse verschwendet werden, müssten die Normen und Vorgaben gelockert werden, damit Karotten nicht tonnenweise vom Handel abgewiesen werden wie diesen November. Zuletzt wurden diese Vorgaben 2023 gelockert. Weitere Anpassungen seien unmittelbar nicht geplant, so der Verband. Aber es brauche sie künftig. Auch deshalb, weil möglicherweise die Vorschriften für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verschärft würden. Dadurch würde mehr Gemüse in den Verkauf gelangen, welches heute aussortiert werde.
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