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Lehrpersonen-Mangel Baselbieter Lehrpersonen schlagen Alarm wegen Überlastung

Überlastung, tiefe Löhne und schwache Ausbildung vermiesen Baselbieter Lehrerinnen und Lehrern zunehmend den Job.

Junge Lehrerinnen und Lehrer brechen die Ausbildung ab oder geben den Beruf bald wieder auf; Erfahrene werden krank oder lassen sich frühpensionieren. Die Malaise spricht sich herum, und Lehrpersonen fehlen heute schweizweit.

Klassenzimmer
Legende: Unterrichten hat als Beruf schöne und auch belastende Seiten. Keystone / Christian Beutler

Im Kanton Baselland stellt der Berufsverband jetzt konkrete Forderungen an die Politik: Die Lehrpersonen seien zu entlasten von erdrückender administrativer Arbeit, die Rolle von Klassenlehrpersonen brauche angemessen Zeit, und für sehr verhaltensauffällige Kinder seien mehr separate Betreuungsplätze zu schaffen. Auch müssten Primarstufen-Löhne steigen und die Ausbildung praxisnäher werden. Diese Wunschliste hat die Gewerkschaft Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland (LVB) am Dienstag den Medien präsentiert.

Bürokratie abbauen

Ihre Forderungen hat die Gewerkschaft aus einer grossen Mitgliederbefragung abgeleitet. Weit über 90 Prozent beklagen dabei insbesondere, wegen administrativer und weiterer Zusatzaufgaben fehle ihnen Zeit für den eigentlichen Unterricht. Dieser müsste Priorität haben, samt Vor- und Nachbearbeitung. Stattdessen verliere man sich in unzähligen Sitzungen mit schulinternen Gremien.

Repräsentative Befragung

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Der Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland (LVB) hat im vergangenen Herbst seine insgesamt rund 2100 Mitglieder aller Schulstufen über «Belastungsfaktoren im Lehrberuf» befragt.

Vorab hatte die Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind wegen des landesweiten Mangels an Lehrpersonen den LVB um Vorschläge gebeten.

Mit 1072 Antwortenden hat über die Hälfte teilgenommen – trotz eines sehr umfangreichen Fragebogens. So ist diese Erhebung laut LVB repräsentativ und auch die schweizweit grösste eines Berufsverbandes zum Thema. Der LVB ist Kantonalsektion des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH.

Als Beispiel für unnötigen bürokratischen Mehrfachaufwand nennt LVB-Präsident Philipp Loretz ein gemeinsames Projekt von vier Kantonen, das dennoch alleine im Baselbiet von 17 Sekundarschulen jeweils selber erarbeitet werde: «Jede Schule erfindet das Rad neu.»

Jede Schule erfindet das Rad neu.
Autor: Philipp Loretz Präsident Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland (LVB)

Speziell überlastet seien viele Klassenlehrpersonen, weil sie neben dem Unterricht diverse andere Aufgaben hätten. «Klassenlehrperson zu sein bedeutet, dass man Dreh- und Angelpunkt ist von allem, was irgendwie mit dem Schulalltag der Kinder zu tun hat», erklärt die Primarlehrerin und LVB-Vizepräsidentin Maddalena Pezzulla. Diese Beziehung zu den Kindern sei sehr schön, doch bei zu vielen Aufgaben könne es einen zerreissen. Dies passiere vielen frisch ausgebildeten Lehrkräften.

Medienunterlagen des LVB
Legende: Forderungskatalog der Baselbieter Lehrer-Gewerkschaft SRF / Laura Baldini

Zudem litten rund die Hälfte der Primar-Lehrpersonen unter Druck von Eltern: Respektloses Verhalten, forderndes bis drohendes Auftreten vor Übertritts-Entscheiden und viel zu häufige Kontaktaufnahme werden genannt.

Als Klassenlehrperson ist man Dreh- und Angelpunkt von allem, was irgendwie mit dem Schulalltag der Kinder zu tun hat.
Autor: Maddalena Pezzulla Vizepräsidentin LVB

Auf der Primarstufe ortet der LVB das grösste Problem, auch weil die Anstellungsbedingungen nicht konkurrenzfähig seien. Hier lägen Baselbieter Löhne klar unter jenen der Nachbarn Basel-Stadt, Aargau und Solothurn, und oft würden Zusatzqualifikationen und Extra-Arbeit nicht abgegolten. Teils seien Räume zu klein, das WLAN zu schwach oder gar Wasserleitungen rostig.

Als zu praxisfern kritisiert wird die Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule; manchen Dozierenden fehle Unterrichtserfahrung. Zudem sollte die Ausbildung für die Sekundarstufe 1 modular sein und Lehrkräfte besser auf die unterschiedlichen Leistungszüge vorbereiten.

Rekrutierungsprobleme in tiefen Stufen am grössten

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Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) stellt die grössten Rekrutierungsprobleme in den untersten Schulstufen fest – namentlich der Primarschule. Ein Grund seien dort tiefere Löhne, die an der meist tieferen verlangten Ausbildungsstufe lägen, sagt Beat Schwendimann, Geschäftsleitungsmitglied und Leiter der pädagogischen Arbeitsstelle des LCH. Eine Angleichung der Löhne für gleichwertige Arbeit verlange sein Verband schon seit über zehn Jahren. Dass das machbar sei, beweise der Kanton Genf.

Im Übrigen wirkten sich auch die je nach Kanton sehr unterschiedlichen Löhne für Lehrpersonen negativ aus, weil sie zu mehr Wechseln in den Schulen und zu längeren Arbeitswegen der Lehrpersonen führten. Der LCH plädiere hier zu weniger Konkurrenz unter den Kantonen.

Einige Einschätzungen und Wünsche des Baselbieter LVB teilt der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) aus eigenen Erhebungen der letzten Jahre. Er ist aber nicht mit allem einverstanden. So regt der LVB Übertritts-Prüfungen von der Primar- in die Sek-Stufe an, um Lehrkräfte von Beurteilungen zu entlasten. Der LCV warnt mit Verweis auf solche Prüfungen vor dem Gymnasium im Kanton Zürich. Das bringe Kindern Stress und verzerre Chancen: Private Förderkurse könnten sich nicht alle leisten. Die ganzheitliche Beurteilung durch die Lehrperson sei besser, weil diese die Kinder lange kenne.

Regionaljournal Basel, Dienstag 24. Januar 2023, 17:30 Uhr ; 

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