Es ist ein Tabu-Thema: Männer, die sich aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt fühlen.
Kaum einer traut sich, darüber zu sprechen. Zu gross ist die Angst, falsch verstanden zu werden. In der Sendung «Rundschau» wagen mehrere Männer den Schritt. Zwar teilen sie die Anliegen der Frauenbewegung im Grundsatz. Doch es sei an der Zeit, über die Schattenseiten zu reden – das Leiden der Männer.
Bevorzugte Frauen
So stellt beispielsweise der ehemalige Militärpolizist Matthias Bieri eine Über-Bevorzugung der Frau im Berufsleben fest. Er selbst war fünf Jahre Hausmann und sorgte für die Kinder. Als er zurück in den Beruf wollte, habe er Diskriminierung erfahren: «Es hiess, du warst jetzt fünf Jahre weg, man kann dich nicht reintegrieren». Bieri glaubt, eine Frau hätte in dieser Situation mehr Support erhalten.
Erst kürzlich habe er bei einer Bewerbung eine Absage bekommen, die klar auf sein Geschlecht zurückzuführen war. Der Arbeitgeber habe ihm mitgeteilt, «er habe die Weisung bekommen, eine Frau zu nehmen». Dies, obwohl Bieri seine erste Wahl gewesen sei.
«Verteufelung» des Männlichen
Auch der Werbetexter Sämi Weber bedauert, der Mann habe heute das Nachsehen: «Wir leben in einer Frauenwelt, Männer haben nicht mehr viel zu sagen». Bemerkenswert: Weber ist Experte für gendergerechte Sprache. Als Vater habe er stets Teilzeit gearbeitet und er sei ein flammender Befürworter von Gleichstellung.
Dennoch kritisiert er heute die Frauenbewegung: «Die Bewegung ist übergekippt, es wird völlig übertrieben.» So hätten etwa «alte weisse Männer» bei manchen Themen quasi Sprechverbot. Beispielsweise bei seinem Lieblingsthema, der gendergerechten Sprache.
Weber stört am aktuellen Diskurs, dass viele Frauen alles Männliche per se verteufeln würden. «Muss der Mann von heute für das bezahlen, was sein Grossvater verbrochen hat?» Er warnt, man dürfe jetzt nicht eine Ungerechtigkeit mit einer anderen beseitigen.
Männlichkeits-Kurse im Trend
Regen Zulauf haben derweil Männer-Gruppen und Seminare, in denen Männlichkeit wiederentdeckt und gelebt werden kann.
Laut Männer-Coach Hannes Hochuli hat Männlichkeit in der Gesellschaft heute kaum mehr Platz. Hochuli bietet unter anderem sogenannte Manngeburten an – eine Zeremonie zur Mannwerdung. Für viele Männer sei es eine wichtige Erfahrung, gerade jetzt.
«Die Frauenbewegung hat nach meinem subjektiven Empfinden ein wenig zu fest ausgeschlagen.» Hochuli sieht das nicht als Problem, sondern als Weckruf für den Mann.
Männer-Netzwerk Schweiz
Hochuli und eine Gruppe Männer aus verschiedenen Teilen der Deutschschweiz sind aktuell dabei, eine Männerbewegung aufzubauen. Analog zur Frauenbewegung sollen sich Männer aus der ganzen Schweiz unter maenner-netzwerk-schweiz.ch vernetzen. Geplant ist unter anderem ein mehrtägiges Festival ausschliesslich für Männer.
Hochuli hofft, dass das «Pendel der Gesellschaft» nach und nach zurückschwingt und Frau und Mann sich wiederfinden.