Der Verein Klimaseniorinnen argumentiert, es sei wissenschaftlich belegt, dass Frauen ab 75 besonders vom Klimawandel betroffen seien. Denn gemäss Studien leiden ältere Frauen gesundheitlich stärker unter grosser Hitze als ältere Männer und jüngere Menschen.
Deshalb seien die Grundrechte der Seniorinnen verletzt, weil der Staat zu wenig unternehme, um die Klimaerwärmung auf weniger als zwei Grad zu beschränken.
Bundesgericht: Alle sind betroffen
Doch das Bundesgericht lässt diese Argumentation im aktuellen Urteil nicht gelten: Einerseits sagen die Richter in Lausanne, dass nicht nur ältere Frauen vom Klimawandel betroffen seien, sondern die ganze Bevölkerung. Die Richter sprechen den Klimaseniorinnen die besondere Betroffenheit ab. Diese wäre aber nötig, um die Klage zu rechtfertigen. Ausserdem bleibe der Menschheit noch genügend Zeit, um eine starke Erwärmung der Erde mit geeigneten Massnahmen abzuwenden.
Andererseits schreibt das Gericht, dass Klägerinnen die Möglichkeit hätten, den politischen Weg zu gehen und etwa mit einer Initiative für mehr Klimaschutz zu sorgen. Der rechtliche Weg sei der falsche, so das Urteil.
Gesundheitlicher Aspekt nicht berücksichtigt
Dass die Klage durchwegs abgewiesen wurde, darüber ist Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin des Vereins Klimaseniorinnen, entsprechend enttäuscht: «Wir sind alle entsetzt. Wir fühlen uns nicht ernst genommen. Auf unsere Klage geht das Gericht gar nicht ein.»
Wydler-Wälti bezieht sich auf den Punkt, dass ältere Frauen gesundheitlich am stärksten unter dem Klimawandel litten. Für sie und ihren Verein ist deshalb klar: Sie wollen den Fall an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterziehen, mit der Begründung, ihre Grundrechte würden verletzt.
(Noch) kein Präjudiz gesprochen
In Fachkreisen ist das Urteil dagegen keine Überraschung. Es war erwartet worden, dass die Klage der Klimaseniorinnen abgewiesen würde. Denn sonst hätte das Gericht ein Präjudiz geschaffen. Das heisst, es hätten auch andere Gruppen klagen können, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, etwa Asthmatiker oder Menschen mit Vorerkrankungen.
Auch in anderen Ländern wie etwa in Deutschland wurden ähnliche Klagen abgewiesen. Ein Gegenbeispiel sind die Niederlande. Dort wurde eine solche Umweltklage gegen den Staat gutgeheissen. Die Niederlande mussten schärfere Massnahmen gegen den Klimawandel ergreifen. Auch darauf hatten die Klimaseniorinnen ihre Hoffnungen gestützt.
Juristische Experten rechnen damit, dass es in Zukunft weitere Fälle geben wird, bei denen Unterlassungen im Klimaschutz eingeklagt werden. Wenn solche Klagen Erfolg haben, wäre das ein Paradigmenwechsel im Umweltrecht. Für den Moment ist diese juristische Revolution in der Schweiz aber ausgeblieben.