Es gibt bekanntlich zwei Kategorien von Ablaufdaten: Ess- und Trinkwaren, auf denen ein konkretes Datum steht («Zu verbrauchen bis»). Diese sind verderblich und müssen nach dem Verbrauchsdatum entsorgt werden. Anders ist es bei «Mindestens haltbar bis», diese Produkte können auch länger genossen werden. Allerdings könne der Hersteller nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums zwar keine optimale Qualität mehr garantieren, sagt Claudio Beretta, Experte für Nachhaltigkeit an der ZHAW, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und Präsident des Vereins «foodwaste.ch».
Mehl, Pasta und Schoggi sind viel länger geniessbar
Doch konsumieren lassen sich diese Lebensmittel nicht selten lange über das aufgedruckte Datum hinaus. Was manche Konsumentinnen und Konsumenten wohl schon vermutet haben, hat Beretta nun zusammen mit anderen Experten sowie Vertreterinnen und Vertretern aus der Lebensmittelbranche und von Hilfsorganisationen im Auftrag des Bundes wissenschaftlich untersucht.
Herausgekommen ist sowohl ein ausführlicher Leitfaden für Produzentinnen und Händler als auch ein übersichtliches Merkblatt, das sich Konsumentinnen und Konsumenten an den Kühlschrank hängen können:
Darin ist zum Beispiel ersichtlich, dass sich Mehl, Pasta, Schokolade oder Tee auch ein Jahr nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch konsumieren lassen. Öl, Dosenkonserven oder das Frühstücksmüesli sind auch vier Monate nach Ablauf geniessbar. Rohe Eier oder Pastmilch sechs Tage übers Datum hinaus – um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Optisch oder geschmacklich seien die Produkte vielleicht nicht mehr top, aber geniessbar nach wie vor, so Beretta.
Ess- und Trinkwaren mit einem Verbrauchsdatum könne man tiefkühlen und dann bis zu 90 Tage lang noch lagern, empfehlen die Experten.
In jedem Fall lohne sich aber auch noch ein eigenes Urteil, ein prüfender Blick, eine Geschmacksprobe für ein definitives Urteil.
Hinweis auf die Etikette drucken
Die Untersuchung wurde geführt mit dem Ziel, einen Beitrag gegen die gigantische Lebensmittelverschwendung zu leisten. Allein in der Schweiz wandern jährlich rund drei Millionen Tonnen Ess- und Trinkwaren in den Abfall. Die Expertengruppe hofft nun, dass die Branche ihre Empfehlungen beherzigt und bald die entsprechenden Hinweise auf die Verpackungen druckt.
Das fordert auch Konsumentenschützerin Sara Stalder: Leitfaden und Merkblätter allein würden nichts bringen, wenn die wertvollen Infos für die Konsumentinnen und Konsumenten letztlich nicht sichtbar seien. Verarbeitungsindustrie und Handel müssten jetzt zügig eine solche Umetikettierung vornehmen.
Detailhandel prüft die Idee und tut aber auch schon was
Wie eine kleine Umfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» bei der IG Detailhandel (Migros, Coop und Denner) sowie bei Aldi, Spar und Lidl zeigt, stösst der Ansatz, auf die erweiterte Haltbarkeit hinzuweisen, auf Interesse. Ob und wie man ihn umsetzt, da sei man noch am Prüfen heisst es.
In ihren Antworten erwähnen die Händler aber auch, man tue schon einiges gegen die Lebensmittelverschwendung. So setze man zum Beispiel die Preise vor Ablauf der Haltbarkeit herunter oder man spende sie an karitative Organisationen. Aldi hat zudem heuer den Aufdruck «Datum überschritten? Ich bin häufig länger geniessbar» eingeführt.