Der Ruf der Postauto Schweiz AG hat in den letzten Tagen arg gelitten. Rund 80 Millionen Franken soll die Firma mit illegalen Buchhaltungstricks erwirtschaftet haben – zu Lasten von Bund und Kantonen. Heute gab Bundesrätin Doris Leuthard als verantwortliche Departementschefin erstmals Auskunft.
SRF News: Eine Aktennotiz bei der Post zeigt, dass seit 2013 Subventionsgelder allenfalls nicht am richtigen Ort platziert wurden. Passiert ist seither nichts. Haben Sie noch Vertrauen in die Führung der Post?
Verkehrsministerin Doris Leuthard: Man muss präzise sein. Es ist der interne Revisor, welcher den Brief offenbar an den Verwaltungsrat geschrieben hat – mit Kopie an Frau Ruoff. Er schrieb gleichzeitig: «Es besteht kein Handlungbedarf». Das blendet man immer aus. Wenn Sie oder ich einen Brief erhalten, in welchem steht, dass kein Handlungsbedarf bestehe, dann unternimmt man nichts – weil es ein Experte empfiehlt. Deshalb: Lassen Sie die Spekulationen und die Vorverurteilungen weg. Wir konzentrieren uns besser auf die Untersuchungen. Ich lasse mich nicht auf Spekulationen ein.
Frau Ruoff geniesst demnach ihr Vertrauen.
Ja, bis jetzt hat sie das korrekt abgewickelt. Seit sie – wie ich – von den zu Unrecht bezogenen Subventionen im November weiss, haben wir die Untersuchung gemacht. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat Zugang zu allen Dokumenten erhalten. Man hat auch externe Experten beigezogen. Jetzt muss man zuerst analysieren, was passiert ist. Wenn es massive Fehler gegeben hätte, könnte man immer noch über weitere Massnahmen reden. Aber nicht bereits jetzt, ohne die Sachlage zu kennen.
Jetzt muss man zuerst analysieren, was passiert ist.
Politiker und auch Susanne Ruoff sagen, es bestehe ein Zielkonflikt: Einerseits müsse das Unternehmen Gewinn machen, andererseits beziehe es Subventionen und dürfe in den subventionierten Bereichen eben keinen Gewinn machen. Hatte das einen Einfluss auf die Buchungen?
Das kann ich noch nicht sagen. Für uns war immer klar, dass der regionale Personenverkehr per se kein Gewinnspiel ist. Es gibt mit jedem Transportunternehmen, welches hier von Subventionen profitiert, im Einzelnen immer Abgrenzungsfragen. Was ist noch eine erlaubte Buchung? Wie viele Kosten sind ausgewiesen und wo hat man eine Marge?
Bei der Postauto AG gab es offenbar Gewinnvorgaben.
Das weiss ich nicht. Wir haben nur die Aufsicht über den Konzern. Als Konzern müssen sie selbstverständlich einen Gewinn erwirtschaften. Das ist mit PostFinance auch kein Problem. Aber die Postautos arbeiten nicht gewinnorientiert, sie haben ein Abgeltungssystem.
Im Bereich von 15 Prozent des gesamten Postauto-Unternehmens sind Gewinne zulässig. Und diese Gewinnvorgaben wurden offenbar gemacht.
Da müssen sie die Post fragen. Das hat mit dem Bundesrat nichts zu tun. Wir haben nicht einmal die Aufsicht über alle Buchungen. Wir nehmen die Gesamtrechnung ab. Darauf müssen wir uns verlassen können.
Die Post gehört zu 100 Prozent dem Bund. Sind die Einflussmöglichkeiten des Bundes und der Politik genug gross?
Ja, ich glaube die sind gross genug. Weil die Post sich jedes Jahr vor der Geschäftsprüfungskommission (GPK) rechtfertigen muss. Jetzt müssen wir klären: Ist bei der Post wirklich getrickst worden? Ist bewusst getrickst worden? Waren es wirklich Buchungsfehler und wer hat die Verantwortung dafür?
Das Gespräch führte Gion-Duri Vincenz.