Die Impfdosen gegen Corona können nicht mehr überall zuverlässig geliefert werden. In einigen Kantonen ist es deshalb bereits zu Engpässen gekommen. Im Tessin müssen notwendige Impfungen verschoben werden. Dem Kanton Nidwalden fehlen Impfungen, um fristgerecht Zweitimpfungen durchzuführen und auch in Uri müssen Impfwillige zuwarten.
Basel drosselt Impftempo
Im Tessin können die über 75-Jährigen erst ab Ende Februar wieder geimpft werden. Der Kanton Nidwalden hat bei anderen Kantonen um Covid-19-Impfungen angeklopft, um fristgerechte Zweitimpfungen sicherzustellen. Auch im Kanton Uri fehlen Kontingente in den Hausarztpraxen.
Der Kanton Basel-Stadt hat das Impftempo gedrosselt, um die Zweitimpfungen sicherzustellen, wie es auf Anfrage von SRF News heisst. Der Bund habe für die Woche vom 7. Februar weitere Impfdosen zugesichert. Sonst müsse man über die Bücher.
Das Hauptproblem ist, dass jeweils zwei Impfdosen verabreicht werden müssen – und zwischen diesen nicht zu viel Zeit liegen darf. SRF-Wissenschaftsredaktor Daniel Theis erklärt, was passiert, wenn die zweite Impfung nicht innert nützlicher Frist erfolgt, sondern zu spät.
SRF News: Wenn einige Kantone infolge von Lieferengpässen den Patienten die zweite Impfdosis nicht rechtzeitig verabreichen können, was passiert dann?
Daniel Theis: Es kann sein, dass der Patient dann nicht mehr geschützt ist durch die erste Impfung. Für die mRNA-Impfungen von Moderna und Pfizer/Biontech gibt es keine Daten, was geschieht, wenn die zweite Dosis verzögert wird, es wäre also ein Blindflug. Es gibt Hinweise, dass die Immunabwehr nach ein paar Wochen wieder schlechter werden könnte bei diesen Impfstoffen. Erst mit der 2. Dosis, der sogenannten «Booster-Dosis» kommt das Immunsystem dann so richtig in Schwung. Trotzdem, bereits die erste Dosis bietet nach rund 2 Wochen einen recht guten Impfschutz (Moderna spricht von rund 80 Prozent).
Beim Impfstoff von AstraZeneca, der wohl in Kürze zugelassen wird, verhält sich das aber möglicherweise anders. Dort gibt es Hinweise, dass der Impfschutz besser wird, wenn man länger wartet mit der zweiten Dosis. Dazu gibt es auch Daten, denn einige Probanden haben die zweite Dosis erst nach zwölf Wochen erhalten.
Was passiert genau im Körper bei der ersten Impfung, und was verändert sich bei der zweiten? Gibt es einen genauen Zeitpunkt, ab dem sich Antikörper bilden?
Die Reaktion des Körpers erfolgt rasch auf fremde Substanzen. Doch ist sie zuerst nur schwach, wenn der Körper einen neuen Eindringling noch nicht kennt. Es braucht eine gewisse Zeit, bis über komplizierte Prozesse die sogenannte adaptive Immunantwort zu laufen beginnt. Dabei werden Antikörper produziert, das sind Eiweisse (Proteine), die sich an den Eindringling, also den Impfstoff binden können und ihn damit einerseits behindern, aber gleichzeitig auch fürs Immunsystem markieren.
Das Virus – im Fall der Impfung die Virenbestandteile – werden so gewissermassen «zum Abschuss» freigeben. Solche Antikörper entstehen in den ersten zwei Wochen in einer solchen Zahl, dass bei den meisten Menschen eine Infektion vermieden wird. Doch damit der Impfschutz wirklich richtig greift, braucht es einen erneuten Kontakt mit Impfstoff. Dieser aktiviert in einer zweiten Phase dann vor allem die sogenannten T-Zellen, die für einen längerfristigen Schutz sorgen.
Könnten die Lieferengpässe dazu führen, dass die zweite Impfung so weit hinausgezögert wird, dass man von vorne beginnen müsste?
Das ist nicht anzunehmen. Doch wie erwähnt, ist dies bei den mRNA-Impfstoffen nicht ausgetestet. Die meisten Zulassungsbehörden haben sich deshalb auch entschieden, dass die zweite Dosis nicht verzögert werden soll. Falls es aufgrund logistischer Probleme doch dazu kommen sollte, dass die drei, beziehungsweise vier Wochen nicht eingehalten werden können, wird es wohl nicht sofort problematisch werden.
Es ist möglich, dass ab einem gewissen Zeitpunkt der Impfschutz wieder rapide abnimmt, aber ob das tatsächlich der Fall ist, kann man heute noch nicht sagen. Zu neu ist die Technik mit den mRNA-Impfstoffen.