«Wir wollen flächendeckende Listenverbindungen mit der FDP»: So wünschte es sich SVP-Präsident Marco Chiesa für die nationalen Wahlen im Herbst. Im Januar stimmte er seine Delegierten auf ein bürgerliches Zusammenspiel ein. Doch der Schulterschluss läuft weniger harmonisch und grossflächig ab als erhofft.
Von Euphorie keine Spur
Erst in drei Kantonen spannen SVP und FDP zusammen. Dabei halten sich die Freisinnigen mit Liebesbekundungen zurück, wie das jüngste Beispiel aus dem Kanton Aargau zeigt.
Wie bei den letzten Nationalratswahlen gibt es hier zwar wieder eine bürgerliche Allianz, teilten die Parteien am Donnerstag mit. Von Euphorie ist aber wenig zu spüren. «Es ist keine Liebesheirat. Hinter der Listenverbindung stehen rechnerische Überlegungen», sagt die kantonale FDP-Präsidentin Sabina Freiermuth.
Im Kanton Zürich kam es zuvor bei der FDP-Delegiertenversammlung zu einem Showdown. Viele haderten mit einer Listenverbindung.
«Das Niveau der SVP kann ich nicht akzeptieren», sagte ein Delegierter. «Lokal arbeiten wir mit unseren SVP-Kollegen gut zusammen», ergänzte eine Freisinnige. National brauche es hingegen keinen Schulterschluss. «Wir haben ein eigenes, gutes Profil.»
Gerade städtische FDP-Vertreter fürchteten, die Nähe zur Schweizerischen Volkspartei könnte die Wählerschaft abschrecken. Doch am Ende unterlag das Nein-Lager hauchdünn: 82 Delegierte stimmten für eine Listenverbindung, 81 dagegen.
Beinahe historischer Entscheid in Zürich
Stark gemacht für eine Allianz hatte sich der Präsident der Zürcher FDP. Hans-Jakob Boesch freute sich deshalb über das Resultat. Wie im Kanton Aargau begründet er die Listenverbindung mit rechnerischen Überlegungen. «Es handelt sich um ein Zweckbündnis, wie es auch umgekehrt der Fall ist», sagt Boesch.
Anders als linke Parteien, die auch zusammenspannen, seien SVP und FDP ideologisch weiter voneinander entfernt. «Doch in zentralen Fragen können wir uns zusammenraufen.»
Es sieht besser aus als in den vergangenen Jahren.
Der Zürcher Entscheid ist beinahe historisch. Erstmals seit 16 Jahren konnten sich Zürcher FDP und SVP zu einer Listenverbindung durchringen.
Als «wichtiges Signal an andere Kantone», sieht SVP-Nationalrat Marcel Dettling diesen Entscheid. Er leitet den Wahlkampf der SVP Schweiz und gibt sich zuversichtlich.
«Es geht jetzt in den Endspurt», sagt Dettling. «Und es sieht besser aus als in den vergangenen Jahren, dass wir viele Listenverbindungen mit der FDP eingehen können.» In verschiedenen Kantonen wie der Waadt seien die Bündnisse kurz vor dem Abschluss.
FDP kritisiert SVP-Angriffe
Gesichert sind die Listenverbindungen allerdings erst im Aargau, in Zürich und in Zug. Im Thurgau hingegen ist eine erneute Allianz nach den letzten Wahlen 2019 gescheitert.
Solche Szenarien liegen laut FDP am Gegenüber. «Von einer Charme-Offensive der SVP kann keine Rede sein», sagt Thierry Burkart.
Die SVP teilt in aller Härte gegen uns aus.
Der Präsident der Schweizer FDP stört sich beispielsweise an Filzvorwürfen rund um die Credit Suisse. «Unsachlich» seien die Angriffe der SVP: «Die Partei möchte mit uns Listenverbindungen eingehen, teilt aber in aller Härte gegen uns aus.»
Burkart überlässt es den Kantonalparteien, ob sie mit der SVP zusammenspannen wollen. Wo es weitere Bündnisse gibt, entscheidet sich in den kommenden Wochen. Dass dieses Bündnis nicht flächendeckend wird, steht aber schon heute fest.