Darum geht es: Der Nationalrat hat am Montag Massnahmen gegen die Lohndiskriminierung diskutiert. Kommt die Vorlage durch, müssen grosse Unternehmen künftig prüfen, ob sie Männern und Frauen für gleichwertige Arbeit gleich viel Gehalt zahlen.
Das wurde entschieden: FDP und SVP schafften es im Nationalrat nicht, das Gesetz gleich ganz vom Tisch zu wischen. Sie konnten die Massnahmen aber dank ihrer hauchdünnen Mehrheit weiter abschwächen. So sollen nur jene Unternehmen eine Lohnanalyse machen müssen, die 100 Vollzeitbeschäftigte haben. Zudem sollen die Lehrlinge nicht mitgezählt werden.
Damit würden noch weniger Unternehmen in die Pflicht genommen, was die Linke vor die Frage stellen wird, ob sie diesem verwässerten Vorschlag noch zustimmen kann. Die Beratung der Details wird der Nationalrat erst am Dienstag abschliessen. Er könnte die Vorlage am Ende auch noch ablehnen.
Es reicht! Wir schreiben das Jahr 2018 und noch immer werden Frauen in unserem Land systematisch diskriminiert.
Das sagen die Befürworter: Unterstützer von Lohnanalysen wiesen im Rat auf immer noch bestehende Lohnunterschiede hin. Zwar sei der diskriminierende Anteil der Differenz bei den Löhnen zwischen Männern und Frauen in den letzten Jahren rückläufig. Der Prozess zur Beseitigung der Lohndiskriminierung schreite aber zu langsam voran. Kommissionssprecherin Rosmarie Quadranti (BDP/ZH) erinnerte an die 37-jährige Geschichte des Gleichstellungsgesetzes.
Es gelte nun endlich, die Lohngleichheit zu verwirklichen: «Handeln wir jetzt!», forderte Quadranti. Sieben Prozent der Unterschiede beim Lohn von Mann und Frau seien nicht erklärbar. Die «blinden Flecken» müssten aufgedeckt werden.
Die Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz erinnerte daran, dass erst am Samstag tausende Menschen auf dem Bundesplatz für Lohngleichheit demonstriert haben: «Es reicht! Wir schreiben das Jahr 2018 und noch immer werden die Frauen in unserem Land systematisch diskriminiert.» Auch die CVP, die GLP und die Grünen sprachen sich für die Regulierung aus.
Dieser Papiertiger produziert nur grosse Kosten und nutzlosen Aufwand für die Unternehmen.
Das sagen die Gegner: Sie sehen in der Massnahme einen ungerechtfertigten Eingriff in den freien Arbeitsmarkt und warnten vor dem Aufwand für die Unternehmen. Nadja Pieren (SVP/BE) machte klar: «Wir sind uns alle einig, dass es in der Schweiz keine Lohndiskriminierung für gleiche Arbeit geben darf.» Aber das Gesetz würde bürokratischen Leerlauf bringen: «Dieser Papiertiger produziert nur grosse Kosten und nutzlosen Aufwand für die Unternehmen.»
Die Lohngleichheit sei in der Bundesverfassung verankert und die gesetzlichen Möglichkeiten gegen Lohndiskriminierung bestünden, sagte Pieren. Das bestehende Gesetz müsse angewendet und schwarze Schafe bestraft werden. Mario Tuena (SVP/ZH) kritisierte eine Studie des Gleichstellungsbüros des Bundes. Diese sei nichts «als Propaganda der Linken».
Hans-Ulrich Bigler (FDP/ZH) stellte derweil den Handlungsbedarf infrage: «Wir machen in diesem Saal nichts anderes, als ständig zu regulieren.» Der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands wies zudem die Sichtweise des Bundesrats zurück, der Lohngleichheitsdialog sei gescheitert. Das sei despektierlich gegenüber den KMU, die sich durchaus für ihre Arbeitnehmenden einsetzten.
Lohngleichheitsanalysen sind ein minimalinvasiver Eingriff in die Wirtschaft.
Das sagt der Bundesrat: Justizministerin Simonetta Sommaruga argumentierte, die Arbeitgeber hätten die selbstgesteckten Ziele des Lohngleichheitsdialogs nicht erreicht: «Für uns war damit klar: Der freiwillige Weg funktioniert nicht.
Sommaruga weiter: Wenn eine Frau gleich lange im Unternehmen sei wie ein Mann, auf gleicher Kaderstufe stehe, den gleichen Job mache und die gleiche Ausbildung habe, dann solle sie auch gleich viel Lohn erhalten: «Und zwar unabhängig davon, ob sie früher einmal drei, vier Jahre ausgesetzt hat, weil sie Kinder bekommen hat.» Die Lohngleichheitsanalysen seien ein «minimalinvasiver Eingriff in die Wirtschaft.»