Die Arbeit nimmt zu, das Personal jedoch wird knapper. Das Problem mit dem Mangel an Fachkräften im Pflegebereich besteht schon länger, Rezepte dagegen zu finden, bleibt aber schwierig. Ein möglicher Ansatz könnte sein, dass vermehrt Freiwillige aushelfen. An einer Fachtagung zum Thema diskutierten kürzlich Fachleute in Aarau darüber, wie man erfolgreich freiwillige Helferinnen und Helfer in Alters- und Pflegeheimen einsetzt, welche Stolpersteine und Erfolgsfaktoren es dabei gibt.
SRF News: Wie genau können Freiwillige in einem Alters- und Pflegeheim überhaupt aushelfen, sie können ja keine medizinischen Pflegearbeiten übernehmen?
Astrid Bär: Alle Aufgaben, welche die Freiwilligen übernehmen, sind ein Plus gegenüber dem medizinischen Grundauftrag, den die Angestellten haben. Dabei geht es vor allem darum, Zeit zu schenken, die den Bewohnerinnen und Bewohnern zugutekommt. Das sind zum Beispiel Besuche für Leute, die wenig oder gar keine Angehörigen mehr haben oder die Mithilfe bei Gruppenaktivitäten. Es soll aber nie eine Konkurrenz sein zu den angestellten Mitarbeitenden.
Vermutlich könnten sich viele Leute so ein freiwilliges Engagement gut vorstellen. In der Praxis ist es dann aber etwas anderes und nicht ganz so einfach. Sie haben Erfahrung in diesem Bereich: Was für Voraussetzungen braucht es, damit die freiwillige Hilfe funktioniert?
Die Freiwilligen selber brauchen keine speziellen Voraussetzungen oder Vorkenntnisse. Sehr wichtig für uns ist aber eine klare Einsatzvereinbarung. Diese dient dem Schutz der Bewohnenden, aber auch jenem der Freiwilligen und der Institution selber. Die Vereinbarung regelt zum Beispiel die Schweigepflicht oder das Verbot der Medikamentenabgabe. Diese klar abgesteckten Rahmenbedingungen geben Sicherheit auf allen Seiten.
Gibt es auch Stolpersteine beim Einsatz von Freiwilligen. Zum Beispiel Konflikte zwischen Helfenden und Bewohnenden?
Ja ganz klar, deshalb ist bei uns die Einführung sehr wichtig. Es kann niemand einfach kommen und sich dann frei im Haus bewegen. Es gibt immer zuerst Gespräche, wo man die Interessen und Hintergründe der Helfenden klärt. Was bringt jemand für Erfahrungen aus dem Berufs- oder Privatleben mit, hier haben die Freiwilligen oft viel zu bieten, das man gut einsetzen kann. Bei Einzelbetreuungen muss man zudem sehr genau schauen, dass die Bewohnerin oder der Bewohner gut zur helfenden Person passt, dass die Chemie stimmt. Man vergleicht hier zum Beispiel die Biografien der Leute.
Das klingt nach relativ viel Arbeit, die der Einsatz von Freiwilligen verursacht?
Ja, das geht nicht so schnell schnell. Ich finde es aber sehr wichtig, dass man sich die Zeit für eine gründliche Einführung nimmt. Wenn das gut gemacht wird, dann ist der Erfolg der Freiwilligenarbeit für alle Seiten viel befriedigender. Es muss für die Bewohnenden, die Helfenden und auch die Institution stimmen.
An einer Fachtagung in Aarau wurde jüngst darüber diskutiert, wie man mehr Freiwillige in die Pflege bringt. Ist es nicht fast schon etwas dreist, wenn man versucht den bekannten Mangel in der Pflege mit Freiwilligen aufzufangen?
Nein, ich glaube nicht, dass das dreist ist. Es sind ganz klar verschiedene Dinge. Der Einsatz von Freiwilligen darf nie die Arbeit der angestellten Pflegefachkräfte konkurrenzieren, das ist nur ein Plus darüber hinaus. Es ist vom Gesetz her auch grundsätzlich verboten eine freiwillige Person einzusetzen und dadurch eine Stelle einzusparen, das geht schlichtweg nicht.
Das Gespräch führte Stefan Brand