- Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies künftig explizit festhalten müssen. Angehörige sollen aber eine Spende ablehnen können.
- Der Ständerat hat mit 31 zu 12 Stimmen dieser sogenannten erweiterten Widerspruchslösung zugestimmt.
- Damit hat er sich für den indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» ausgesprochen.
- Die Initiative empfahl der Ständerat einstimmig zur Ablehnung.
Rund 1500 Menschen haben in der Schweiz Ende des letzten Jahres auf ein Organ gewartet. 72 Personen auf dieser Warteliste sind gestorben im vergangenen Jahr, für sie stand kein Organ zur Verfügung. Die Knappheit bei den Spenderorganen wird darauf zurückgeführt, dass in der Schweiz zurzeit die sogenannte erweiterte Zustimmungslösung gilt: Organe dürfen nur entnommen werden, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten Ja dazu gesagt hat. Liegen keine Dokumente vor, entscheiden die Angehörigen – und diese sind meist dagegen.
Parlament wählt den Mittelweg
Die Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» möchte dies umkehren und die enge Widerspruchslösung einführen: Nur wer zu Lebzeiten ausdrücklich seinen Widerspruch gegen eine Organspende formuliert, gilt im Todesfall nicht als Organspenderin oder -spender. Allen anderen dürften Organe entnommen werden.
Die Forderung der Initiative geht dem Bundesrat und dem Parlament aber zu weit. Der Bundesrat sieht im indirekten Gegenvorschlag daher ergänzend vor, dass künftig auch Angehörige eine Organspende ablehnen können. So werden wie bisher die Angehörigen befragt, wenn sich kein dokumentierter Wille findet. Sind keine Angehörigen erreichbar, ist eine Entnahme in jedem Fall verboten.
Die Tessiner SP-Ständerätin Marina Carobbio Guscetti, Präsidentin der Stiftung Swisstransplant, sagte: Heute komme eine fehlende Willensäusserung einem Nein gleich, die Angehörigen würden sich entsprechend in ihrer Trauer kaum für ein Ja aussprechen. Bei einer Widerspruchslösung könne die fehlende Willensäusserung jedoch als ein Ja zur Entnahme interpretiert werden. Sie bedankte sich bei den Initianten für das Anstossen der Debatte, gab sich aber mit dem Gegenvorschlag zufrieden. «Das ist ein guter Gegenvorschlag.»
Auch der Zuger Mitte-Ständerat Peter Hegglin sprach sich für den Gegenvorschlag aus: «Ich bin überzeugt, mit dieser Lösung bleiben die Persönlichkeitsrechte gewahrt.»
Doch im Ständerat wurden auch kritische Stimmen zu einer Widerspruchslösung überhaupt laut. Joseph Dittli, FDP-Ständerat aus dem Kanton Uri, meinte: «Damit wird eine Erwartungshaltung generiert, die einer Pflicht zur Organspende gefährlich nahekommt.» Man nehme in Kauf, dass jemand gegen seinen Willen zum Organspender werde.
Wie schon der Nationalrat ist der Ständerat schliesslich dem Vorschlag des Bundesrates gefolgt. Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats zur Volksinitiative ist mit einer komfortablen Mehrheit von 31 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung durchgekommen.
Weil auch der Nationalrat diesem Modell bereits zugestimmt hat, dürfte es in dieser Session noch definitiv verabschiedet werden. Und man geht davon aus, dass die Initianten ihr Volksbegehren dann zurückziehen dürften.