- In diesen Tagen, Ende Januar, läuft für 300'000 Befragte die Frist für die Beantwortung der Fragen zur eidgenössischen Volkszählung ab.
- Es ist die einzige Befragung, zu deren Teilnahme man in der Schweiz gesetzlich verpflichtet ist. Sehbehinderte können den digitalen Fragebogen aber gar nicht ausfüllen.
- Denn die Umfrage ist nicht barrierefrei – obwohl der Bund zur Barrierefreiheit angehalten ist.
Jonas Pauchard hätte gerne an der Volkszählung des Bundes teilgenommen. Gerade als Blinder hätte er seine Daten spenden wollen. Ein Beispiel zeigt, wieso: «Menschen mit Sehbehinderung sind oft von Arbeitslosigkeit betroffen. Das kann so aber nicht abgebildet werden, obwohl es meines Erachtens extrem wichtig wäre.»
Ich möchte diese Dinge autonom erledigen können, wann ich will und wo ich will.
Das Ausfüllen eines Online-Fragebogens ist dank digitalen Helfern und Sprachausgabe eigentlich kein Hindernis. Nur: Auch mit seinen digitalen Helfern kam Pauchard nicht weiter. Zum Beispiel, weil ihm der Fragebogen nicht zurückmeldete, welche Option er anwählte.
Bund rät Pauchard, sich helfen zu lassen
So konnte er seine Antworten auch nicht kontrollieren. Pauchard kontaktierte deshalb das Bundesamt für Statistik BfS telefonisch. Dort sagte man ihm, er könne auf die Teilnahme verzichten oder müsse sich Hilfe holen fürs Ausfüllen.
Pauchard bekommt dieses Argument häufig zu hören. «Ich möchte diese Dinge aber autonom erledigen können, wann ich will und wo ich will.»
Selbstbestimmung ist nicht einfach ein Wunsch von Pauchard. Die öffentliche Hand ist bei dieser Umfrage mindestens zur Rücksichtnahme auf Behinderte angehalten. So schreibt es das Behindertengleichstellungsgesetz vor.
Zuständig für die Umfrage beim BfS ist Jean-Paul Kauthen. Hat das Bundesamt bei der Barrierefreiheit noch eine Baustelle? «Das kann man so sagen. Wir sind daran, dieses Thema aufzunehmen», sagt Kauthen.
Jonas Pauchard sei zwar der Erste, der das Problem zurückmeldete. Wie viele Blinde sich aber ohne BfS-Hilfe organisiert haben, ist unklar. Und wie viele letztlich nicht teilgenommen haben, ebenso. Für den Bund ein Problem.
Bund gelobt Besserung
Denn Blinde, die nicht teilnehmen, existieren statistisch nicht. «Wir haben dazu keine Zahlen. Wir wissen nicht, wie viele Personen in der Schweiz davon betroffen sind», sagt Kauthen. Deshalb sei es umso wichtiger, dass die Betroffenen teilnähmen.
Bis in zwei Jahren soll die obligatorische Umfrage barrierefrei sein, heisst es beim BfS. Bis dahin bittet er Sehbehinderte explizit, sich telefonisch helfen zu lassen, damit ihre Lebenssituation am Ende in der Volkszählung abgebildet wird. Auch Pauchard hat das am Ende gemacht. Er konnte die Umfrage zwar nicht selber ausfüllen, hat sie aber ausfüllen lassen.