Ein böser Verdacht geht um in der Schweiz: Viele Einwanderer aus ärmeren EU-Staaten kämen als Sozialhilfetouristen in die Schweiz. Sie würden ein paar Monate hier arbeiten und dann üppig Arbeitslosengelder, IV oder Sozialhilfe beziehen, heisst es.
Marcel Suter, Präsident der Vereinigung der Kantonalen Migrationsbehörden, winkt jedoch ab. «Man hat festgestellt, dass in der Schweiz dieser Begriff ‹Sozialhilfe-Tourismus› eigentlich nicht angebracht ist», sagt Suter zu Radio SRF. Er spricht von ein paar hundert problematischen Fällen in der gesamten Schweiz.
Das sei eine sehr tiefe, aber dennoch nicht unproblematische Zahl, räumt er ein. «Sicher ist, dass diese Fälle von Sozialhilfebezug, die unberechtigt sind, teilweise auch stark ins Geld gehen. Es wird dann sehr teuer für die einzelnen Gemeinden und Kantone.» Die genaue Zahl der Fälle von unberechtigtem Sozialhilfebezug und die Höhe der Kosten würden derzeit ermittelt. Das Bundesamt für Migration wolle im Frühling darüber informieren – auch über Verbesserungsmassnahmen.
Keine Sozialhilfe mehr für Arbeitslose
Ein Problem sei bereits so gut wie gelöst, sagt Migrationsexperte Marcel Suter weiter: Die Sozialhilfe für Einwanderer aus der EU, die in der Schweiz nie gearbeitet haben. Einige Gemeinden hatten ihnen Sozialhilfe bezahlt, obwohl sie gar nicht dazu verpflichtet gewesen wären. Nach einem Appell des Bundes haben sie diese Praxis laut Suter inzwischen eingestellt.
«Ich kann mir vorstellen, dass das ein Missverständnis war. Denn wenn die Gemeinden nicht verpflichtet sind, Sozialhilfe zu leisten, dann würde es ja ausreichen, dass man Nothilfe zahlt.» Nothilfe ist allerdings blosse Überlebenshilfe. Suter erklärt, in diesen Fällen gehe es primär darum, dass die Leute in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden könnten. Die Nothilfe solle diesen Menschen helfen, über die Runden zu kommen: «Es geht darum, ein Dach über dem Kopf, im Winter die Wärme und etwas zu essen zu haben.»
Vorläufig keine Änderungen
Suter ist überzeugt, dass das Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative vom 9. Februar im Übrigen nichts an der gegenwärtigen Situation ändert. Zuerst müsse der Verfassungsauftrag umgesetzt werden. Bis Veränderungen – positive wie negative – sichtbar würden, daure es noch mehrere Jahre.
(aebn;gern)