Zuerst ist da jede Menge Spucke. Omar spuckt in ein Röhrchen, Leonie und Selina ebenfalls. Sie gehen in die neunte Klasse in Oberburg bei Burgdorf und sind Teil des Massentests des Kantons Bern. Insgesamt 80'000 Personen werden in der ersten Woche mit der Pooling-Methode so getestet. Die Lehrerin erklärt wies geht, die Jugendlichen machen mit.
Auch in einem anderen Schulzimmer in Oberburg, demjenigen der 1. und 2. Klasse, wird unterdessen gespuckt. «Das war grusig», sagt Dilara. Ein anderes Kind sagt: «Ich finde es nicht so fein». Doch sie haben es überstanden und widmen sich jetzt wieder dem normalen Unterricht. «Wir werden uns sicher daran gewöhnen und bis zu den Sommerferien ist das sicher schon gar kein Thema mehr», so die Klassenlehrerin Brigitte Hebeisen.
Eine logistische Herkulesaufgabe
Vor der Durchführung der Tests wurden die Kinder der Schule in Burgdorf alle in Gruppen eingeteilt. Maximal 10 Kinder und Jugendliche gehören zu einer Gruppe. Die mit Spucke gefüllten Röhrchen werden zusammen in einem Plastiksack verpackt.
«Unsere grösste Sorge war es, dass es eine Sauerei gibt», sagt die Schulleiterin Beatrice Andreotti. Doch dazu kam es bisher nicht. Doch stressig ist es: Bis um 11 Uhr muss das Sekretariat alle Plastiksäcke der Schule in einen grossen gelben Sack packen.
Schon bald ist nämlich der Pöstler da, der die Ware abholt. «Grüessech, haben Sie einen Sack oder mehrere?» Es ist nur einer. «Gut, danke, ich wünsche einen schönen Tag, Adieu!» Der Pöstler ist schon wieder weg. Gestartet ist ein in Rüegsau, dann war er in Hasle, jetzt in Oberburg und macht sich nun auf den Weg nach Burgdorf, dann nach Wynigen, Alchenstorf und Koppigen.
Weiter gehts. Nicht überall lief es so reibungslos wie in Oberburg, sagt der Fahrer Fritz Dill. «Einige Schulen hatten noch gar nicht mit dem Testen begonnen, als ich ankam.» 20 Minuten zu spät kommt der Lieferwagen an seinem Ziel an. «Lieber ein wenig zu spät als nie», schmunzelt der Fahrer.
Endstation ist Münsingen, dort hat der Kanton Bern ein grosses Pooling-Zentrum aufgebaut. 36 Männer und Frauen sitzen bereit, um die Spucktests der Schülerinnen und Schüler weiterzuverarbeiten. Sie gehören zum Teams des Gurtenfestivals, das dieses Jahr nicht stattfinden kann.
Ihr Job: die bis zu 10 Röhrchen pro Sack zusammenleeren. Daraus ergibt sich eine Probe, die dann ins Labor geschickt wird. Das ist das sogenannte Pooling. «Dadurch muss das Labor nur ein Zehntel so viele Proben testen», erklärt Ueli Hofer von der Kantonspolizei Bern. Er ist der Projektleiter des Zentrums in Münsingen.
«Gerade Anfang Woche gab es gewisse Schwierigkeiten mit der Anlieferung des Materials an die Schulen.» Jetzt klappe alles. Die Tests gelangen leer zur Schule und dann voll mit Spucke zurück nach Münsingen und von dort aus ins Labor, das auf dem Parkplatz steht. Es ist ein umgebauter Lastwagen.
Hier werden nun die gepoolten Proben von Spezialistinnen und Spezialisten ausgewertet. Ein paar Stunden später, nachts, klingelt Schulleiterin Beatrice Andreottis Telefon. Fast 30 SMS kriegt sie, für jede Pool-Probe eines. Alle sind negativ. Sie ist erleichtert.
Wäre eine 10er-Gruppe positiv getestet worden, wäre am nächsten Morgen der Zivilschutz vorbeigekommen und hätte die zehn Kinder nachgetestet, um herauszufinden, wer positiv ist. So müsste nicht die ganze Klasse in Quarantäne. In Oberburg aber hat es an jenem Morgen keinen Fall, deshalb läuft die Schule weiter, als wäre alles ganz normal.