Die Nationalrätinnen und Nationalräte debattieren diese Woche die Initiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz». Unter ihnen ist die Initiantin, Meret Schneider (Grüne/ZH). Sie selbst isst kein Fleisch.
SRF News: Böse Zungen würden behaupten, klar fordern Sie ein Verbot der Massentierhaltung, Sie selbst essen ja kein Fleisch...
Meret Schneider: Eben weil ich im Sinne der Menschen denke, die Fleisch konsumieren, möchte ich der Initiative zu einem Erfolg verhelfen. Die Menschen, die Fleisch konsumieren, sagen häufig, dass es ihnen wichtig ist, wie das Tier gelebt hat, ob es ein tiergerechtes Leben hatte.
Wir halten 15 Masthühner auf einem Quadratmeter, diese werden 30 bis 40 Tage alt, zwei Wochen davon können sie kaum auf den eigenen Beinen stehen.
Viele Konsumierende interessieren sich für das Tierwohl, möchten eher etwas weniger, dafür qualitativ gutes Fleisch essen. Von einem Tier, von dem sie wissen, woher es kommt, wie viel Antibiotika es bekommen hat.
Mike Egger (SVP/SG), Metzger und Fleischfachmann, hat in der Debatte gesagt, es gebe hierzulande gar keine Massentierhaltung.
Herr Egger hat auch gesagt, es gebe keine systematische Missachtung des Tierwohls. Trotzdem halten wir 15 Masthühner auf einem Quadratmeter, bis zu 27'000 Masthühner in einer Halle, diese werden 30 bis 40 Tage alt, zwei Wochen davon können sie kaum auf den eigenen Beinen stehen, weil sie so schnell Fleisch ansetzen und dann auf die Brust fallen. Ist das keine systematische Missachtung des Tierwohls?
Es stimmt, dass wir verhältnismässig gut dastehen.
Hinzu kommt das Vergasen der männlichen Küken in der Eierindustrie. Auch wenn es das Ausland schlechter macht: Wir müssen uns schon fragen, ist das die Art, wie wir mit diesen Tieren umgehen möchten?
Sie sagen, andere Länder machen es noch schlechter als wir. Hat die Schweiz nicht bereits das strengste Tierschutzgesetz der Welt?
Es stimmt, dass wir verhältnismässig gut dastehen. Das sollten wir uns aber nicht so gross auf die Fahne schreiben. Schweine haben 0.75 Quadratmeter in der EU. 0.9 sind es in der Schweiz, nur ein Taschentuch mehr. So grossartig ist das nicht. Sie haben kein Einstreu, leben auf Betonboden, haben Arthrose und leiden ihr viel zu kurzes Leben lang.
Sie wollen den Bio-Standard für die gesamte Fleischproduktion...
Nein, das stimmt nicht. Wir fordern eine tiergerechte Haltung, zum Beispiel maximale Gruppengrössen, und wollen, dass sich der Bund dabei an den Bio-Suisse-Standards orientiert. Das heisst nicht, dass wir die Bio-Suisse-Standards einfach über die Landwirtschaft stülpen wollen.
Das heisst aber: Das Fleisch würde massiv teurer. Gemäss Schweizer Tierschutz kostet das Bio-Fleisch heute etwa zweieinhalbmal mehr als konventionelles Fleisch. Können sich die Leute das noch leisten?
Der Bund hat eine Schätzung publiziert, die spricht von 4 bis 20 Prozent teureren Tierprodukten. Das halte ich für realistisch und auch vertretbar.
Wieso soll das Fleisch dabei nur so wenig teurer werden?
Einerseits stülpen wir eben nicht einfach die Bio-Suisse-Standards über die Landwirtschaft, die würden noch viel weiter gehen. Zum anderen sind Bio-Produkte heute auch so teuer, weil die Detailhändler sehr hohe Margen haben, höhere als bei konventionellen Produkten. Wir gehen davon aus, dass die Margen bei einem Anheben der Standards sinken.
Wenn man einen Drittel wegwirft, kann man mir nicht sagen, die Lebensmittel seien zu teuer.
Und: Wir haben noch nie so wenig ausgegeben für Lebensmittel wie heute, ein wenig mehr dafür auszugeben wäre durchaus vertretbar, auch weil in Privathaushalten durchschnittlich ein Drittel des Eingekauften weggeworfen wird, obwohl es noch konsumierbar wäre. Wenn man so viel wegwirft, kann man mir nicht sagen, das sei zu teuer.
Das Gespräch führte Urs Leuthard.