Das Coronavirus hat das Jahr 2020 zu einem sehr besonderen Jahr gemacht, auch für die Medien. Durch die aussergewöhnliche Lage stieg das Interesse der Öffentlichkeit an Information sehr stark an. Dies ergab höhere Einschaltquoten und mehr Klicks für die Medienhäuser.
Doch wirtschaftlich hat sich das nicht gelohnt: Weil die Wirtschaft leidet und weniger Inserate schaltet, wie Medienwissenschaftler Mark Eisenegger sagt: «Die Werbegelder sind nochmals massiv eingebrochen. Journalistische Medien mussten Kurzarbeit einführen und Staatshilfe in Anspruch nehmen. Die ökonomische Situation ist sehr bedenklich.»
Recherchen sind teuer
Eisenegger ist Direktor des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft an der Universität Zürich und gibt das Jahrbuch «Qualität der Medien» heraus.
Dort, wo es Recherche braucht, um Ereignisse zu erklären, sehen wir, dass die unzureichenden Ressourcen auf die Qualität durchschlagen.
Die Untersuchung zeige, dass sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten negativ auf die Qualität auswirkten: «Die Vielfalt der Themen und die Einordnungsleistung bricht ein. Dort, wo es Recherche braucht, um Ereignisse zu erklären, sehen wir, dass die unzureichenden Ressourcen auf die Qualität durchschlagen.»
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen auch dazu, dass die Medienkonzentration weiter zunimmt: So decken aktuell die drei grössten Medienhäuser in der Deutschschweiz 80 Prozent des gesamten Medienmarktes ab, in der Westschweiz sogar 90 Prozent.
Mantelsystem der Medien hat nicht nur Nachteile
Die grossen Medienhäuser reagieren auf die sinkenden Einnahmen, indem sie Redaktionen zu sogenannten Mantelredaktionen zusammenlegen, die dann mehrere Titel mit Artikeln versorgen. Für die einzelne Leserin, den einzelnen Leser habe diese Entwicklung aber nicht nur negativen Auswirkungen, denn die Mantelredaktionen hätten mehr Ressourcen und lieferten gute Geschichten.
Für das gesamte Mediensystem seien die Zusammenschlüsse hingegen weniger gut, so Eisenegger. «Die Medienvielfalt leidet am stärksten im Bereich der politischen Berichterstattung, wo wir heute viel Einfalt haben. Wenn die gleichen Beiträge – zum Beispiel Abstimmungsempfehlungen von Journalistinnen und Journalisten– in verschiedenen Medien eines zentralen Verbundes ausgespielt werden, ist es für die Demokratie kein gutes Zeichen.»
Wenige mehr sind bereit, für Inhalte zu bezahlen
Insgesamt zeichnet das Jahrbuch «Qualität der Medien» also ein eher düsteres Bild der Schweizer Medienlandschaft. Dazu passt, dass auch die Bereitschaft, für journalistische Inhalte zu bezahlen, weiterhin tief sei.
Nur gerade 13 Prozent der Bevölkerung sind bereit, für Online-Journalismus zu bezahlen, wie Medienwissenschaftler Eisenegger sagt: «Doch hier gibt es eine gute Nachricht: Die Zahlungsbereitschaft hat um zwei Prozent zugenommen. Junge Menschen, namentlich junge Frauen, zeigen heute mehr Zahlungsbereitschaft.»
Nun müssten die Medienhäuser diese jungen Erwachsenen trotz sinkender Einnahmen aber mit guten Angeboten abholen. Sie bleiben also gefordert.