Finden Sie, dass die Medien über die Coronakrise zu staatsnah und unkritisch berichtet haben? Dass die Medien die Virengefahr überzeichneten und die Bevölkerung erschreckten? Oder die immer gleichen Experten zu Wort kommen liessen, die immer wieder das Gleiche erzählten? Dann lesen Sie jetzt weiter, denn Sie werden eines Besseren belehrt.
Am Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich beschäftigt man sich seit Jahren mit der Qualität der Schweizer Online-, Radio-, TV- und Printberichte.
Tausende Medienberichte analysiert
Nun haben sich die Forscher und Forscherinnen mittels messbarer, vergleichbarer und nachvollziehbarer Kriterien – also wissenschaftlich – mit der Berichterstattung der hiesigen Medien auseinandergesetzt.
Sie haben tausende Medienberichte zur Coronakrise systematisch analysiert. Sie haben sich gefragt, ob Schweizer Medien Behördenentscheide kritisch hinterfragten (Ja), ob die Berichterstattung vielfältig war (Ja), ob verschiedene Experten und Expertinnen zu Wort kamen (Ja, aber sehr wenige Frauen), ob die Berichte relevant waren (Ja) oder einfach nur schreierisch (Nein).
Kritische Stimmen überwiegen bei SRF
Gerade SRF wurde und wird immer wieder vorgeworfen, zu staatsnah zu berichten. Der Vorwurf zielt ins Leere. Die Wissenschaftler haben in ihrer akribischen Arbeit herausgefunden, dass beim öffentlichen Rundfunk «die kritischen Stimmen gegenüber der Regierung und den Behörden überwiegen». Das SRF-TV-Magazin «10vor10» wird diesbezüglich speziell erwähnt, neben nzz.ch, der «Weltwoche» und 20minuten.ch.
Hier geht es zur FÖG-Studie
Besonders oft zwar berichtete die SRF «Tagesschau» über das Handeln der Regierung und der Behörden. Aber die staatlichen Organe waren vor allem im Lockdown die entscheidenden Akteure und bedienten sich einer Machtfülle, die ihnen sonst nicht zusteht. Entsprechend musste man berichten und so erfahren, was sie weshalb anordnen. Mehr über staatliches Handeln, so stellt das fög fest, berichtete übrigens die «Weltwoche».
Thema hartnäckig verfolgt
Innerhalb der untersuchten SRG-Medien bot «10vor10» am meisten Einordnung (8 Prozent), während bei den abonnierten Medien tagesanzeiger.ch (13.6 Prozent) und nzz.ch (19.7 Prozent) die Nase vorn haben.
Spannend ist, dass die Berichterstattung über Corona mit dem Ende des Lockdowns zwar leicht abnahm, aber bestimmend blieb. Das zeigt, dass die Medien in ihrer Gesamtheit das Thema hartnäckig verfolgen. Und nicht herdenhaft nach neuem Stoff suchen, weil grosse Schlagzeilen nach einem halben Jahr Corona schwieriger sind.
Kein Medium mit dramatisierendem Alarmismus
Die Forscher der Universität Zürich stellen weiter fest: Auch die sogenannten Boulevardmedien oder Gratismedien haben einen ziemlich guten Job gemacht. Zwar sind diese in der Berichterstattung weniger vielfältig gewesen als Bezahl-Titel und haben das Thema Corona mehr aus der Perspektive der Bevölkerung behandelt.
Das kritisieren die Forscher des fög – die sich sonst gerne an den Boulevardmedien reiben – nicht, sondern stellen es lediglich fest. Und es ist tatsächlich geradezu ein Verdienst von 20minuten.ch und blick.ch, dass bei ihnen mehr als bei anderen Titeln die Leute von der Strasse zu Wort kommen. Damit sind sie auch ein Gradmesser für Hoffnungen und Sorgen in der Bevölkerung.
Dramatisierenden Alarmismus stellen die Forscher bezüglich Corona-Berichterstattung – die sie als «Stresstest» bezeichnen – bei keinem Schweizer Medium fest. Im Gegenteil. Das fög schreibt: «Es gelang den Medien, unter grossem Druck und in Zeiten grosser Unsicherheit eine vielfältige, relevante und relativ nüchterne Berichterstattung zu betreiben.»
So das wissenschaftliche Urteil. Und mit einem Augenzwinkern: Darüber berichten wir gern.