Nicht überraschend und dennoch beunruhigend: Desinformation im Internet nimmt zu. Das zeigen neue Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS). 51 Prozent der Befragten gaben an, häufiger mit Fake News auf Informationsseiten oder Social Media konfrontiert gewesen zu sein – sechs Prozent mehr als 2021.
Für diesen Anstieg gibt es mehrere Gründe. Gemäss BFS surfen die Menschen zum einen häufiger im Internet und sind deshalb mehr Desinformationen ausgesetzt. Des Weiteren würden mehr falsche oder fragwürdige Inhalte im Internet veröffentlicht und geteilt. Und: Da in den Medien immer darauf hingewiesen werde, hätten Userinnen und User auch ein besseres Bewusstsein dafür.
Für Daniel Süss, Professor für Medienpsychologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), ist diese Zunahme heikel: «Das Problem besteht darin, dass immer mehr Menschen ihre News aus Social Media beziehen und dann denken, ich weiss alles, was ich brauche, und sich nicht mehr mit publizistischen Medien informieren.»
Nicht wissen wie
Was die Zahlen des BFS auch zeigen: Nur die Hälfte der Internetnutzenden, die solche Inhalte entdeckt haben, geben an, den Wahrheitsgehalt oder die Quellen überprüft zu haben. 41 Prozent von ihnen tun dies nicht, weil sie glauben, bereits zu wissen, dass die Informationen falsch sind, und 17 Prozent geben an, es aufgrund mangelnder Kompetenzen nicht getan zu haben. Das sind hochgerechnet 600'000 Menschen in der Schweiz. Wie die Menschen mit Falschinformationen umgehen, hat sich gemäss den BFS-Zahlen seit 2021 nicht verändert.
Was tun, wenn die Menschen mehr Fake News begegnen? Mehr Förderung der Medienkompetenz, sowohl bei jungen Menschen als auch bei Menschen, die beispielsweise einen weniger breiten Bildungsstand hätten, dass sie fundiert Entscheidungen treffen könnten, sagt Medienpsychologe Süss. Es gebe bereits verschiedene Initiativen vom Bund, den Medienhäusern oder den Schulen dazu.
Ein Beispiel für eine solche Initiative ist die Integration des Moduls Medien und Informatik im Lehrplan 21. Reicht das aus, um die künftigen Generationen genügend in Medienkompetenz auszubilden? Der Ruf nach mehr komme schnell einmal, sagt Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin des Dachverbands der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer. Die Schule mache bereits viel im Umgang mit Internet und Fake News. Aber sie nehme wahr, dass das Bedürfnis nach Information, Unterricht und Lehrgang da sei.
Für Rösler sind die Konfrontation und der Umgang mit Fake News aber ein gesellschaftliches Problem, das nicht nach der Berufsbildung oder dem Gymnasium abgeschlossen ist. Dem pflichtet Medienpsychologe Süss bei. Medienbildung könne nicht an eine Seite delegiert werden. Wichtig sei der Umgang mit News und politischen Inhalten auch in der Familie.
Als Laie gehts auch
Man muss kein Profi sein, um Fake News zu erkennen. Das sagt unter anderem das Faktencheck-Team von SRF. Allerdings ist es dessen Angaben zufolge für Personen, die sich wenig mit Nachrichten auseinandersetzen oder fast keine journalistischen Medien konsumieren, schwieriger, falsche Informationen und Gerüchte von wahren, bestätigten Informationen zu unterscheiden. Wer aber wisse, wo man vertrauenswürdige Quellen und geprüfte Nachrichten finde, könne den Wahrheitsgehalt von Nachrichten viel einfacher erkennen.