Nachdem «Schweiz aktuell» publik machte, dass in der Psychiatrischen Klinik St. Urban mindestens fünf noch nicht zugelassene Medikamente an 208 Patientinnen und Patienten getestet wurden, ist für den Luzerner SVP-Kantonsrat Guido Müller klar: «Die Patienten waren Versuchskaninchen. Es ist zu hinterfragen, was der Staat und die Pharmaindustrie damals gemacht haben, deshalb ist eine Aufarbeitung dieser Zeit wichtig».
David Roth, SP Parteipräsident Kanton Luzern, pflichtet bei: «Der Kanton trägt die ganze Verantwortung, denn die Psychiatrische Klinik ist ein kantonaler Betrieb. Es gilt abzuklären, ob der Kanton seine Aufsichtspflicht verletzt hat.»
Kanton reagiert
Guido Graf, Luzerner Regierungspräsident, begrüsst eine Aufarbeitung, es sei wichtig zu wissen, ob die Patienten über die Tests aufgeklärt wurden oder nicht: «Bis im Februar 2018 möchten wir eine externe Person bestimmen, die einzelne Patientendossiers untersucht.»
SVP Kantonsrat Guido Müller reicht das nicht: «Hier geht es um Menschen und Angehörige. 208 betroffene Patienten sind Grund genug, bereits jetzt eine grossangelegte Untersuchung einzuleiten.»
Kritik an Pharmaindustrie
Die Testpräparate wurden von den Pharmafirmen gratis zur Verfügung gestellt, im Gegenzug lieferte die Klinik St. Urban die Testergebnisse. Für Kantonsrat Guido Müller ist deshalb klar, dass auch die Rolle der Pharmaindustrie beleuchtet werden muss: «Die Pharmaindustrie profitierte finanziell von diesen Tests, deshalb müsste auch die Pharmaindustrie zur Rechenschaft gezogen werden.»
Der Mediensprecher von Novartis, Satoshi Sugimoto, entgegnet, dass die Medikamententests unter der Aufsicht der kantonalen Behörden standen. Zudem gelte es zu berücksichtigen, «dass die für die Durchführung von klinischen Studien geltenden Regeln damals, im Gegensatz zu heute, noch nicht sehr weit entwickelt waren.»